Ballade von der Hester Jonas

Text: Peter Maiwald
Musik: Pit Budde


Unten im Gnadental geschah eine Geschicht,
Die hat schön angefangen und endete so nicht.
Die Hester Jonas war des Peter Meurer Weib:
Sie hatte grobe Hände und einen jungen Leib.
Die Tage waren Arbeit. Die Nächte waren leer.
Und Hester hatte Träume und träumte immer mehr.
Und morgens an der Erft, wenn sie die Wäsche rieb,
Erzählte sie den Frauen, was vom Träumen blieb.

Da war aus Wein der Fluss. Die Bäume trugen Brot.
Im Hammfeld blühten Kirschen, die warn im Winter rot.
Kein Krämer fuhr den Karrn. Kein Geld brauchte ein Kleid.
Kein Mensch brauchte zu darben. Kein Weg war mehr zu weit.
Die Frauen hörten sie mit lachendem Gesicht.
Schön waren Hesters Träume und schadeten doch nicht.
Und mittags auf dem Markt, wo mancher Hester rief,
Geschah, dass um die Jonas mehr Volk zusammenlief.
Die Städte werden falln, wo reich nur wenig sind.
Die armen Leute steigen zum Reichtum ohne Sünd.
Und gibt nicht mehr den Fürst, nicht Bischof und nicht Zar,
Und wird nichts sein am Morgen wie es am Abend war.
Die Männer zeigen ihr oft einen schiefen Mund.
Die bessern sagten: "Hester, du richtest dich zugrund."
Des Nachts im kühlen Gras kamen sie hungrig doch
Und wollten Hesters Träume und baten: heute noch.

Da kamen in der Früh zwei Männer aus der Stadt
Und schleppten Hester Jonas vor einen Magistrat.
Da war die Red von Gott, da war die Red von ihr.
Da war die Red von Träumen, die kränken Mensch und Tier.
Und quetschten ihr den Hals. Und brachen ihr Gebein.
Die ganze Stadt hat Tage voll Hester Jonas’ Schrein.
Und unterschrieb die Schuld mit der verkrümmten Hand
Und schrie noch lange Träume, bis sie das Feuer fand.

© Heupferd Musik Verlag, Budde, Maiwald. Alle Rechte vorbehalten.

Pit Budde - Spiel der Zeit / Lieder von Cochise. Songbücherei. ISBN 3-923445-02-4