Maria Theresia Paradis (1759 – 1824)

Maria Theresia Paradis war eine sehr bekannte österreichische Pianistin, Sängerin und Komponistin. Ihr Vater war ein Wiener Beamter, der 1785 niederösterreichischer Regierungsrat wurde. Maria Theresia hatte keine Geschwister. Mit etwa acht Jahren bekam sie ein Spinett, auf dem sie schon bald spielen konnte. Ein Spinett ist ein Tasteninstrument, ähnlich einem Cembalo. Anschließend erhielt sie Klavier- und Orgel-Unterricht. Um ihr Talent zu fördern, unterstützte Kaiserin Maria Theresia, ihre Namenspatronin, die Familie finanziell.

Als Erwachsene gab Maria Theresia zahlreiche Konzerte. Später ließ sich die Musikerin in Wien nieder. Mit 50 Jahren gründete sie dort das "Institut für musikalische Erziehung". Am Institut wurden Klavier, Gesang und Musiktheorie unterrichtet.

Maria Theresia Paradis war mit drei oder vier Jahren erblindet. Über die Ursache wurde damals heftig spekuliert. So meinten die einen, es handele sich um einen "gichtischen Schlafguß", andere meinten, der Grund sei ein "nächtlicher Schrecken" gewesen. Auch von einer "nervös-hysterischen Durchblutungsstörung" war die Rede. Damals dachten die Menschen häufig, dass eine Beeinträchtigung des Sehens mit dem Nachlassen der geistigen Fähigkeiten einhergehe. Die Eltern unternahmen viele Bemühungen und Reisen, um ihre kleine Tochter heilen zu lassen. Gleichzeitig förderten sie ihr musikalisches Talent. Maria Theresia sagte über ihr musikalisches Können:

"Ich habe zween vortreffliche Flügel. Man spielt mir die Stücke vor, und ich versuche es gleich nachzuspielen. Man verbessert etwas den Fingersatz, und ich lerne in einer Lection oft anderthalb Soli, ohne viele Mühe. (…) Mein Gehör ist ziemlich richtig. Ich kann mich auf selbiges mehr verlassen, als auf die Tactierung mit der Hand. Ich spiele Concerte von P. E. Bach, Reichardt, Wolf, Müthel, Richter, Benda, Schobert etc. Mein Gedächtnis ist dabei die einzige Hilfe, um die mancherlei Stücke nicht zu verwirren." (1)

Mit 18 Jahren war Maria Theresia Paradis bereits eine berühmte Musikerin. Trotzdem konnte sich ihre Familie noch immer nicht damit abfinden, dass sie blind war. Sie soll sogar einmal vorgetäuscht haben, geheilt zu sein, da ihre Umwelt dies so sehr erwartete. Dadurch konnte sie auch vermeiden, ständig zu Ärzten geschickt zu werden, was ihr äußerst unangenehm war.

Während ihrer Konzertreisen stand sie mit verschiedenen Menschen in Briefkontakt. Da die Blindenschrift, die sogenannte Brailleschrift, erst ein Jahr nach ihrem Tod entwickelt wurde, benutzte Maria Theresia eine Handsetzerei und –druckerei. Diese hatte Wolfgang von Kempelen 1778/'79 entwickelt. Auf den Konzertreisen wurde die Pianistin von ihrer Mutter und später auch von Johann Riedinger begleitet. Riedinger war ein Librettist und Violinist, das heißt, er schrieb Texte für Opern oder Operetten und spielte Geige. Er erfand eine fühlbare Musikschrift, durch die auch Maria Theresia Noten lesen und Noten schreiben konnte. Diese fühlbare Musikschrift hatte die Form eines Notensetzbrettes.

"Eine von Riedinger erfundene Notensetzmaschine mit einer Garnitur von Pflöckchen, die auf der Kopfseite Noten-, Pausen- und sonstige wichtige Musikzeichen trugen, enthob sie der Mühe, ihre Kompositionen Note für Note zu diktieren. Sie setzte ihre Kompositionen mit Hilfe dieses Notensetzbrettes und überließ gewandten Kopisten die Übertragung in gewöhnliche Notenschrift." (2)

Die Handsetzerei und die Musikschrift ermöglichten Maria Theresia Paradis ein unabhängiges Leben mit vielen Kontakten. Sie unterrichtete auch selbst Musik. Ihre Hilfsmittel kamen der Einrichtung von Instituten zugute, in denen sehbehinderte und blinde Menschen unterrichtet wurden. Die Konzertreisen und Auftritte Maria Theresias änderten die Haltung vieler Menschen gegenüber Menschen mit Sehbehinderungen. 

Quellen:
1: Kaster-Bieker, Hedwig, Mayer, Anneliese (2001): berühmt-beliebt-behindert. Außerordentliche Frauen im Porträt. Hg. Bundes Organisationsstelle behinderter Frauen, ein Projekt des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Trägerschaft von bifos e. V., S. 33

2: Melanie Unseld (2007): Website FemBio: Maria Theresia Paradis österreichische Komponistin, Pianistin und Pädagogin (abgerufen am 24.09.2010)

Website Einhandwerker: Wolfgang von Kempelen (abgerufen am 24.09.2010)