Hester Jonas (um 1570 - 1635)

Hester Jonas (um 1570 - 1635) war Hebamme und beschäftigte sich mit Kräuterheilkunde. Sie war mit dem Müller Peter Meurer verheiratet, der eine Windmühle in Neuss am Rhein betrieb. Hester wurde mit 64 Jahren der Hexerei beschuldigt und angeklagt. Ihr wurde vorgeworfen mit einem bösen Mann Kontakt zu haben. Angeblich schade sie Menschen und Tieren. Sie sei vom Teufel besessen. Als die Gerüchte um Hester Jonas immer größer wurden, sah sich die Obrigkeit zum Handeln gezwungen. Hester Jonas wurde verhaftet, angeklagt und verhört. Sie wurde auf einem Folterstuhl mit Eisennägeln zu den Anschuldigungen verhört. Diese Befragung dauerte Stunden. Unter der Folter legte Hester Jonas ein Geständnis ab und wurde vom Gericht in Neuss zum Tod durch Enthauptung verurteilt. Ihre Leiche wurde verbrannt und die Asche in alle Winde verteilt.

Heute wissen wir, dass Hester Jonas eine Frau war, die sich mit Heilkunde auskannte. Sie setzte sich sehr für die Menschen ein, denen sie half. Zudem hatte sie eine Krankheit, die heute als Epilepsie bekannt ist. Dadurch kam es vor, dass sich ihre Gesichtszüge veränderten oder ihr Körper zuckte. Die Krankheit und ihre Symptome waren ein Grund für die Anschuldigungen gegen sie. Außerdem nutzte sie zum Heilen oft die Alraunwurzel. Die Alraunwurzel war eine Heil- und Ritualpflanze und galt damals als Zaubermittel.

Viele Menschen glaubten im 17. Jahrhundert, dass bestimmte Krankheiten, Verhaltensweisen oder Behinderungen ein Zeichen dafür seien, dass die betreffende Person vom Teufel besessen ist. Wer zum Beispiel eine körperliche Behinderung hatte, entsprach der damaligen Denkweise zufolge nicht dem Ebenbild Gottes, sondern war für viele Menschen mit dem lahmen und hinkenden Teufel verwandt. Auch in den so genannten Hexenprozessen wurden solche Verbindungen zwischen dem Teufel und chronischen Krankheiten oder Behinderungen hergestellt. Besonders oft wurden unabhängig lebende Frauen oder Frauen, die nicht dem Schönheitsideal der Zeit entsprachen, Opfer dieser grausamen Prozesse.

Der in Neuss lebende zeitgenössische Dichter Peter Maiwald schrieb im Jahr 1635, angelehnt an eine Gerichtsnotiz zu einem solchen Prozess, eine Ballade über Hester Jonas.

Zur Weiterarbeit:

Ballade von Hester Jonas

Quellen:
Stiftung Deutsches Hygiene-Museum und Deutsche Behindertenhilfe - Aktion Mensch e. V. (Hrsg.) (2001): Der (im-)perfekte Mensch : vom Recht auf Unvollkommenheit. Hatje Cantz Verlag: Ostfildern-Ruit.

Helmut Wessels (2004): Neuss und St. Quirin zu Fuß. J.P. Bachem Verlag: Köln.

Hetty Kemmerich (2003): Sagt, was ich gestehen soll! Hexenprozesse. Entstehung-Schicksale-Chronik. 2. Auflg., Lessing-Verlag: Dortmund.