Margarete Steiff (1847 – 1909)

Wer kennt nicht die Steiff-Spielzeugtiere? Ihre Geschichte begann zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit Margarete Steiff und einem Filz-Elefanten. Sie entwarf den Filz-Elefant oder "Elefäntle" als Nadelkissen und verkaufte ihn. Der erste Entwurf stammte aus einer Modezeitschrift. Kindern gefiel der Elefant so sehr, dass bald weitere Tiere hinzukamen. So entstand die "Filz-Spielwaren-Fabrik" von Margarete Steiff. Sie wurde dort von ihren Neffen unterstützt. 1902 erfand Richard Steiff einen beweglichen Bären aus Plüsch (siehe Bild). 1906 wurde dieser bekannt als "Teddybär" und zum Nationalspielzeug der USA. Sein Name war eine Anspielung auf Theodore (Teddy) Roosevelt, den 26. Präsidenten der Vereinigten Staaten.

1902 arbeiteten 200 Beschäftigte in der Spielwarenfabrik. Sechs Prozent der Mitarbeitenden waren körperbehindert. Sie hatten große Schwierigkeiten gehabt, eine Arbeitsstelle zu finden, bis sie bei den Steiffs anfingen. Da es unterschiedliche Aufgaben und Arbeitsbereiche in der Firma gab, konnten alle Mitarbeitenden einer Arbeit nachgehen, die ihren Fähigkeiten entsprach.

Auch Margarete Steiff war körperbehindert. Sie schreibt in ihrer Lebensgeschichte:

"Mit eineinhalb Jahren wurde ich von einer Krankheit befallen, nach welcher ich nicht mehr gehen konnte, der linke Fuß war vollständig, der rechte teilweise gelähmt, auch der rechte Arm war sehr geschwächt. Im Übrigen war und blieb ich von da an stets gesund." (1)

Margarete Steiff hatte sich schon als Kind an der sogenannten "Kinderlähmung" angesteckt, einer Virusinfektion, mit der sich zu dieser Zeit tausende Menschen infizierten. Heute existiert in vielen Ländern eine Impfung gegen diese Krankheit.

Sie wuchs als Tochter des Bauwerksmeisters Friedrich Steiff und seiner Frau Maria Margarete in Giengen an der Brenz in Süddeutschland auf. Die Eltern hofften jahrelang auf eine Heilung ihrer Tochter und setzten all ihre Kraft und ihr Geld dafür ein. So war Margarete mehrmals zur Kur, mit dem Ziel, gesund nach Hause zu kommen. Sie schreibt in ihrer Lebensgeschichte dazu:

"Es war ein langes Suchen nach Heilung, bis ich mir selbst sagte, Gott hat es so für mich bestimmt, dass ich nicht gehen kann. Es muss auch so recht sein… das unnütze Suchen nach Heilung lässt den Menschen nicht zur Ruhe kommen."

Margarete beschloss, dass ein schönes Leben für sie bedeutete, ein erfülltes Leben mit ihrer Krankheit zu führen und lieber arbeiten zu gehen, als weiter ihre Kraft bei Versuchen zu verbrauchen, gesund zu werden. Das war eine ausgesprochen ungewöhnliche Haltung für eine Frau in dieser Zeit. Vermutlich auch deshalb sagte ihr Vater, ihr Können und Mut seien größer als ihre Behinderung. (1) Auch in ihrer Grabrede wurde darauf hingewiesen, wie ungewöhnlich es sei, dass Margarete Steiff, die als Kind nur mit mitleidigen Blicken bedacht wurde und der man wegen ihrer Behinderung kein erfülltes, arbeitsreiches Leben, sondern eine "Existenz im Winkel", in der Stille und Vergessenheit vorausgesagt hatte, "so heraustritt an das Licht der Öffentlichkeit". (2)

Ihr ist eine Gedenktafel in der Stadt Giengen gewidmet.

Quellen:
1: Wolfgang Heger (2009): Das Tor zur Kindheit. Die Welt der Margarete Steiff. Mitteldeutscher Verlag: Saale. S. 158

2: Christian Mürner (2000): Verborgene Behinderungen. Die Spielzeugfabrikantin im Rollstuhl. Luchterhand: Neuwied; Berlin, S. 73-79