Behinderung, Krankheit und Euthanasie im Nationalsozialismus

Aussagen der Tatbeteiligten der ersten Mordphase (Gasmorde) im zweiten Hadamar-Prozess 1947

1. Angeklagter Gorgaß (Arzt):

"2-3 Autobusse mit verhängten Fenstern, die fuhren an der Seitentür vor. Wenn die Kranken zur Aufnahme kamen, dann setzte ich mich in den Untersuchungsraum; (…) Dann kamen sie in den sogenannten Warte- und Auskleideraum, da wurden sie entkleidet. Die Omnibusse waren meist mit Gleichgeschlechtlichen geladen, die kamen rein und wurden ausgezogen und weitergeführt zum Photographieren, dann dem Bürobeamten vorgeführt, der die Identifizierung vornahm. Das Photographieren geschah aus dokumentarischen Gründen, natürlich auch aus wissenschaftlichen Gründen. (…) Die Krankengeschichte und Photokopie des Meldebogens lagen dabei. An Hand dieses Bogens wurde der Kranke noch einmal exploriert. Bei schizophrenen Endzuständen, bei Schwachsinn bedarf es in den meisten Fällen keiner langen weiteren Untersuchung, um die Schwere der Erkrankung festzustellen. (…) Sie wurden unten in den Vergasungsraum geführt, der wie ein Duschraum aussah. Der Raum war als Duschraum eingerichtet, gekachelt. (…) Die Kranken nahmen dort Platz und glaubten, die würden gebadet, jawohl. (…)
Wenige Minuten dauerte der Vorgang. (…) Der Tod ist ein friedlicher. Es ist ein einfaches Schlafen. (…) Die Leute ermüden und verlieren alle Verbindungen mit der Außenwelt und schlafen dann ein. (…) Nach 5-10 Minuten waren sie tot, jawohl. Nach etwa 1-2 Stunden wurde frische Luft zugeführt und dann später konnte erst die Zelle geöffnet werden. Die Leichen wurden dann herausgebracht und in das Krematorium gebracht und eingeäschert.
Das Krematorium war ebenfalls im Keller. (…) Mehrere Leichen lagen da zusammen zur Verbrennung, so daß die Asche festzustellen da nicht möglich war, nein. (…) Jawohl, es stimmt, daß die Leute da gar nicht die Asche ihres Verstorbenen bekamen (…)." (15)

Quelle:
15: 2. Hadamarprozess beim Landgericht Frankfurt am Main, 26.2.1947; Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Abteilung 461, Nr. 32061, Bd. 7, S. 12-14 und 17-19