Behinderung, Krankheit und Euthanasie im Nationalsozialismus

Vorgeschichte und Zwangssterilisationen

(Uta George)

Die folgenden Texte und Übungen thematisieren die nationalsozialistische Verfolgung von Menschen, die als krank oder behindert galten. Zunächst werfen wir einen Blick auf die Jahrzehnte vor dem Beginn des Nationalsozialismus: Bereits zu dieser Zeit wurden diese Menschen ausgegrenzt und in der Propaganda negativ dargestellt. Behauptet wurde beispielsweise, dass sie für die Gesellschaft eine wirtschaftliche Belastung darstellten, weil sie aufgrund ihrer Krankheit oder Behinderung nicht arbeiten konnten.

Darüber hinaus waren um 1900 durch die Erkenntnisse der Genetik Utopien der Menschenzüchtung entstanden. Das heißt, einzelne Wissenschaftler, zum Beispiel Mediziner, Biologen und Anthropologen, hofften, sie könnten Einfluss auf das Fortpflanzungsverhalten der Menschen und damit auf das Bevölkerungswachstum nehmen. Dies bedeutete für sie, dass Menschen, die sie als "hochwertig" einstuften, möglichst viele Kinder bekommen sollten. Menschen, die von ihnen als "minderwertig" bezeichnet wurden, sollten möglichst ohne Nachkommen bleiben. Diese Lehre nennt man Eugenik. Das Ziel dieser Wissenschaftler war eine Gesellschaft ohne kranke oder behinderte Menschen. Dabei gingen sie davon aus, dass Behinderungen, Krankheiten und auch soziale Verhaltensweisen vererbt werden. Zur Umsetzung der Idee einer krankheits- und behindertenfreien Gesellschaft waren ihnen auch Zwangsmaßnahmen recht. Im Visier waren dabei besonders Menschen, die als unheilbar und nicht arbeitsfähig galten. Bereits 1920 schlägt sich dieses Gedankengut in der öffentlichen Diskussion nieder, wie im folgenden Text deutlich wird. Die Autoren waren der Jurist Karl Binding und der Psychiater Alfred Hoche.