Karl VI. (1368 - 1422)

Karl VI. war von 1380 bis 1422 König von Frankreich. Er war der Sohn von König Karl V. und seiner Frau Johanna von Bourbon. Er war ihr ältestes Kind. Als Karl VI. auf den Thron gerufen wurde, war er erst 12 Jahre alt. Er stand unter Vormundschaft der Brüder seines Vaters. 1388 wurde Karl VI. zum König ausgerufen und regierte nun offiziell. Er regierte in der Zeit des Hundertjährigen Krieges und zahlreicher Aufstände. Diese Aufstände hatten ihren Ursprung unter anderem in den sehr schlechten sozialen Lebensbedingungen für sehr viele Menschen. Die schlechten Lebensbedingungen resultierten aus schlechter Regierungsführung früherer Könige. In dieser schwierigen Zeit erwies sich Karl VI. als fleißiger und geschickter König. Er holte unter anderem den Rat von Lehrenden der Pariser Universität ein. Ab 1392 jedoch war Karl VI. zeitweise handlungsunfähig, er wurde als wahnsinnig beschrieben. Die folgende Szene illustriert sein Verhalten:

"Im Jahr 1392 beschloß Karl VI., einen Feldzug in die Bretagne zu unternehmen, weil beim bretonischen Herzog der Mörder seines geliebten Heerführers Connetable de Clisson Zuflucht gefunden hatte. In der Stadt Mans sammelte sich das Heer. Als er Mans verlassen hatte und durch einen Wald zog, stürzte aus dem Gebüsch ein Vagabund hervor, packte die Zügel des königlichen Pferds und rief: 'Kehr um, erhabener Herr, du bist verraten!' (…) Eine Weile später stieß ein königlicher Knappe mit der Lanze an seinen Helm. Beim Klingen des Metalls schrie der König schrecklich auf, er ergriff sein Schwert und schlug um sich. (…)" (1)

Ab diesem Zeitpunkt wurde Karl VI. von vielen Menschen in seiner Umgebung als "geistesgestört" beschrieben. Direkt nach diesem Vorfall soll er sich zwar zunächst wieder scheinbar "normal" verhalten haben. In der darauf folgenden Zeit häuften sich jedoch Geschehnisse wie das im Wald. Die Regierungsgeschäfte wurden ihm aus der Hand genommen. Zunächst übernahm der Bruder seines Vaters Philipp der Kühne die Regierung. Das gefiel Karls Bruder, Herzog Ludwig von Orléans, jedoch gar nicht. Es entstand ein Streit darüber, wer regieren darf. Dieser Streit führte zu kämpferischen Auseinandersetzungen.

Anhand der historischen Aufzeichnungen wird heute vermutet, dass Karl VI. eine phasenweise auftretende Krankheit hatte. Die Symptome deuten auf eine Demenz hin. Die Krankheit Demenz wurde erst 400 Jahr später wissenschaftlich beschrieben. Der Begriff fasst verschiedene Erkrankungen zusammen, die alle mit einem Verfall der geistigen Leistungsfähigkeit und einer Persönlichkeitsveränderung einhergehen. Die häufigste Form der Demenz ist die Alzheimer-Krankheit.

Karl VI. starb 1422 und ging als der "Wahnsinnige" und der "Vielgeliebte" in die Geschichte ein.  

Quelle:
1: Ivan Lesný (1991): Die Krankheiten der Mächtigen. Historische Persönlichkeiten mit den Augen eines Neurologen gesehen. Aufbau-Verlag: Berlin/Weimar. S. 117