Die UN-Behindertenrechtskonvention als Inklusionsmotor

Theresia Degener

1. Eine neue Menschenrechtskonvention in mehrerer Hinsicht

Mit der Verabschiedung des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen im Dezember 2006 (1) haben die Vereinten Nationen völkerrechtlich und behindertenpolitisch einen bemerkenswerten Reformschritt vollzogen. Die Behindertenrechtskonvention (BRK) ist nicht nur die erste verbindliche Völkerrechtsquelle, die die Menschenrechte behinderter Personen zum Thema hat, sie ist zugleich der erste Menschenrechtspakt, der eine Reihe von Modernisierungen im internationalen Völkerrecht einläutet. So ermöglicht die BRK erstmalig regionalen Organisationen wie der EU den Beitritt (2). Dieser erste Menschenrechtsvertrag des neuen Millenniums ist zudem ein Völkerrechtspakt, an dem die nationalen Menschenrechtsinstitutionen als neue Akteure auf der globalen Menschenrechtsbühne(3) mitwirkten. Bei Erstauslegung am 30. März 2007 unterzeichneten bereits über achtzig Mitgliedsstaaten. Auch das ist ein Novum in der Völkerrechtsgeschichte. Die Kette der Novitäten lässt sich fortsetzen: Noch nie wurde ein vergleichbarer Völkerrechtspakt in der Rekordzeit von nur fünf Jahren entworfen und verhandelt. Noch kein anderer Menschenrechtspakt trat so schnell international in Kraft, am 3.Mai 2008 nach der Hinterlegung der 20. Ratifikationsurkunde. Mit 139 Signatarstaaten(4) belegt die BRK nach der UN-Kinderrechtskonvention Rang Zwei der Menschenrechtskonventionen mit den meisten Mitgliedsstaaten.

Behindertenpolitisch markiert die BRK den Paradigmenwechsel vom medizinischen zum menschenrechtlichen Modell von Behinderung auf internationaler Ebene. Während das medizinische bzw. individuelle Modell von Behinderung, die körperliche, psychische oder kognitive Schädigung des Einzelnen in den Blick nimmt, diesen mit Diagnose, Therapie und Förderung begegnet, ist das menschenrechtliche Modell von Behinderung auf die äußeren, gesellschaftlichen Bedingungen gerichtet, die behinderte Menschen aussondern und diskriminieren. Das menschenrechtliche Modell von Behinderung basiert auf der Erkenntnis, dass die weltweite desolate Lage behinderter Menschen weniger mit individuellen Beeinträchtigungen als vielmehr mit gesellschaftlich konstruierten Entrechtungen (gesundheitlich) beeinträchtigter Menschen zu erklären ist. Die wissenschaftliche Kritik am medizinischen/individuellen Modell von Behinderung führte zur Entstehung der disability studies, – zunächst in den USA und in Großbritannien – die sich an anderen kritisch-konstruktivistische Denkschulen, wie gender studies und critical race studies orientieren (5). Die Kritik am medizinischen Modell von Behinderung beeinflusste auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und spiegelt sich zunehmend in den WHO Konzepten wie dem ICDH (International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps, 1980) oder dem ICF (International Classification of Functioning) wider (6). Während dem medizinischen Modell von Behinderung zunächst das soziale Modell von Behinderung entgegengesetzt wurde, gewann im internationalen rechtswissenschaftlichen Kontext bald das rechtsbasierende menschenrechtliche Modell von Behinderung an Bedeutung (7). Dieser rechtsbasierende Ansatz ist als Gegenpool zu einer an Bedürftigkeit orientierten Fürsorge- und Wohlfahrtspolitik zu verstehen, in der Behinderte als Objekte der Sozialpolitik, nicht aber als Bürgerrechtssubjekte gelten. Er entwickelte sich im Zuge der Entwicklung von Antidiskriminierungsgesetzen, die weltweit seit den 1990er Jahren auch die Kategorie der Behinderung einschlossen (8). Der rechtsbasierende Ansatz in der Behindertenpolitik gilt mittlerweile als der offizielle Ansatz für die Behindertenpolitik in der Europäischen Union (9) und in den Vereinten Nationen (10). Auch in Deutschland wurde dieser Ansatz spätestens mit der Reformierung des Rehabilitationsrechts durch Schaffung des SGB IX im Jahre 2001 und durch Verabschiedung des Behindertengleichstellungsgesetzes verfolgt und mit einer ausdrücklichen Antidiskriminierungskomponente verknüpft. Hier folgte Deutschland den Beispielen anderer Länder, die in den letzten Dekaden vermehrt Rechtvorschriften zum Schutz vor Behindertendiskriminierung erlassen hatten (11). Die BRK markiert auf internationaler Ebene den vorläufigen Höhepunkt dieser Entwicklung, den die Hohe Kommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, in ihrer Rede vor dem Menschenrechtsrat im März 2009 als grundlegende Wende im Denken über Behinderte bezeichnete. Die Konvention, so Pillay „requires us to move away from charity-based or medical-based approaches to disability to a new perspective stemming from and firmly grounded in human rights (…) These traditional approaches and attitudes, no matter how well intentioned they might have been, regarded persons with disabilities either as passive recipients of good will or deeds, or as problems to be fixed, or both.”(12)

Innerhalb der Vereinten Nationen bedurfte es mehrerer Jahrzehnte, um den Weg für einen Paradigmenwechsel zu bereiten. In den ersten vier Dekaden waren behinderte Menschen im Menschenrechtssystem der Vereinten Nationen nahezu unsichtbare Subjekte. Zuständig für Behindertenpolitik war überwiegend die WHO, die diese mit drei Themen füllte: Behindertendefinition, Prävention und Rehabilitation. Erst in den 1980er Jahren wurde mit dem Weltaktionsprogramm der Vereinten Nationen von 1982 (13) und den im Jahre 1993 verabschiedeten Rahmenrichtlinien zur Herstellung der Chancengleichheit für Behinderte (14) das Gleichheitsthema auch für behinderte Personen entdeckt. Ebenfalls in dieser Zeit wurden die ersten zwei Menschenrechtsberichte zur Situation Behinderter in der Menschenrechtskommission und ihrer Unterkommission erstellt und diskutiert (15). Wenngleich in den 1990er Jahren einige der Vertragsorgane der damals sechs existierenden „Kernmenschenrechtsverträge“, sich des Themas annahmen, so blieb doch auch in dieser Zeit das medizinische Modell von Behinderung vorherrschend. Das war jedenfalls das Ergebnis einer Studie, die wir im Auftrag des Hohen Kommissariats für Menschenrechte 2001 durchführten und in der wir die Entwicklung des internationalen Menschenrechts im Hinblick auf behinderte, Menschen untersuchten. Auf Initiative von Mexiko verabschiedete die UN-Generalversammlung am 19. Dezember 2001 die entscheidende Resolution 56/168, mit der der Ad-Hoc-Ausschuss zur Erarbeitung der Behindertenrechtskonvention eingesetzt wurde. Die in den folgenden fünf Jahren währenden Verhandlungen zur BRK in New York, im Hauptquartier der Vereinten Nationen, waren wesentlich durch eine hohe Beteiligung behinderter Personen gekennzeichnet. Das aus der internationalen Behindertenbewegung stammende Motto Nothing about us without us wurde in einer historisch einmaligen Art und Weise umgesetzt. Neben den großen internationalen Behindertenverbänden (16) waren mehr als 400 Nichtregierungsorganisationen akkreditiert, die mehrheitlich durch behinderte Personen repräsentiert wurden. Aber auch etwa ein Drittel der Regierungsdelegationen hatten behinderte Experten und Expertinnen als Mitglieder (17), ebenso die Delegationen der Nationalen Menschenrechtsinstitute und die Delegationen der Organisationen der Vereinten Nationen (18) und ihrer Sonderorganisationen (19).

2. Die neue Konvention und ihr Fakultativprotokoll

Die BRK besteht aus zwei völkerrechtlichen Verträgen, dem Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung (20) und einem Fakultativprotokoll (21), das besondere Verfahren im Zusammenhang mit der Umsetzung der BRK enthält. Staaten können wählen, ob sie nur das Übereinkommen, oder auch das Fakultativprotokoll unterzeichenen und ratifizieren.

2.1 Die Konvention

Vom Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte, Heiner Bielefeld, wurde die BRK als „Empowerment“–Konvention bezeichnet, die nicht nur eine Abkehr von der traditionellen, am Fürsorgeprinzip orientierten Behindertenpolitik signalisiere, sondern auch wichtige Impulse für die Weiterentwicklung der Menschenrechtstheorie gebe, indem sie deutlich mache, dass die Anerkennung von Behinderung als Bestandteil menschlichen Lebens zur Humanisierung der Gesellschaft insgesamt führe (22). Sie besteht neben der unverbindlichen Präambel aus 50 Artikeln. Die ersten neun Artikel könnte man den allgemeinen Teil der BRK nennen, der Bestimmungen enthält, die für alle weiteren Artikel des Abkommens bedeutsam sind, wie den Zweck der Konvention (Art. 1), Definitionen (Art. 2) und allgemeine Prinzipien (Art. 3) oder Bestimmungen zu behinderten Frauen (Art. 6) und zu behinderten Kindern (Art. 7). Weiterhin gibt es Bestimmungen zur Förderung des öffentlichen Bewusstseins über Behinderung (Art. 8) und zu Barrierefreiheit (Art. 9). Die anschließenden Normen (Art. 10–Art. 30) könnte man als den besonderen Teil der BRK charakterisieren, der den Katalog der einzelnen Menschenrechte enthält. Die darauf folgenden Artikel betreffen die Implementierung und Überwachung des Abkommens (Art. 31–40). Die Schlussbestimmungen (Art.41–50) enthalten die üblichen technischen Regelungen von Völkerrechtsverträgen, wie z.B. Ratifikationsbestimmungen.

2.1.1. Zweck und Anwendungsbereich

Artikel 1 bestimmt als Zweck der BRK: „den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern.“ Anders als die Frauenrechtskonvention (23) oder die Antirassismuskonvention (24) verfolgt die BRK den Zweck des thematischen Menschenrechtsschutzes jedoch nicht allein durch Antidiskriminierungspflichten, sondern verfolgt, wie die Kinderrechtskonvention, einen ganzheitlichen Ansatz des Menschenrechtsschutzes mit staatlichen Achtungs-, Schutz- und Gewährleistungspflichten. Daneben enthält die Konvention auch Ziel- und Förderpflichten sowie Empfehlungen für staatliche und internationale Behindertenpolitik. Wie alle Menschenrechtsverträge verpflichtet auch die BRK die Mitgliedsstaaten und hat somit zunächst öffentlich-rechtliche Wirkung. Darüber hinaus wirkt sie jedoch auch in den privatrechtlichen Bereich. Denn die Staaten sind gem. Art. 4 Abs. 1 (e) verpflichtet „alle geeigneten Maßnahmen zur Beseitigung der Diskriminierung aufgrund von Behinderung durch Personen, Organisationen oder private Unternehmen zu ergreifen (…).“ Auch an anderer Stelle, wie bei der Frage der barrierefreien Umwelt und Kommunikation, werden private Rechtsträger durch die BRK direkt angesprochen (25). Da auch der gesamte Katalog der Menschenrechte, d.h. nicht nur die bürgerlichen und politischen, sondern auch die sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechte, vom Schutzumfang der BRK erfasst wird, erstreckt sich ihr Anwendungsbereich umfassend auf alle denkbaren Lebensbereiche (26).

In personaler Hinsicht gilt die BRK für alle Personen mit Behinderung. Der Personenkreis wird nicht abschließend definiert, denn in der Präambel wird erkannt, „dass das Verständnis von Behinderung sich ständig weiterentwickelt und dass Behinderung aus der Wechselwirkung zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren entsteht, die sie an der vollen und wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern“ (27). Die Frage der Definition von Behinderung war eines der schwierigsten Konfliktthemen, die es während der Verhandlungen zu lösen galt. Bis zum Abend des letzten Verhandlungstages wurde um sie gerungen (28). Als Kompromiss wurde eine Formulierung gefunden, die nicht in den Definitionsartikel, sondern in Artikel 1, der den Zweck der Konvention regelt, eingefügt wurde. Zu behinderten Personen zählen danach „Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können.“ Mit dieser Formulierung sollte sichergestellt werden, dass alle Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen unabhängig von ihren Ursachen und ihrer Anerkennung in der Gesellschaft in den Schutzbereich der BRK einbezogen werden. Zum anderen sollte eine Perpetuierung des medizinischen Modells von Behinderung und der damit verbundenen individualistischen Betrachtungsweise verhindert werden. Aus wissenschaftlicher Sicht kann der Erfolg bezweifelt werden, aber in politischer Hinsicht hat diese Formulierung die Konvention gerettet. (29)

2.1.2 Allgemeine Prinzipien und allgemeine Staatenpflichten

Der Geist der BRK ergibt sich neben ihrer Zweckbestimmung insbesondere aus den acht allgemeinen Prinzipien, die in Art 3 BRK enthalten sind. Zu ihnen gehören die „Achtung der dem Menschen innewohnenden Würde, seiner individuellen Autonomie, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, sowie seiner Unabhängigkeit.“(30) Heiner Bielefeld hat bereits darauf hingewiesen, dass die Betonung der Menschenwürde ein wesentliches Merkmal der BRK ist (31). Das war während der Verhandlungen angesichts der Negation der Menschenwürde behinderter Menschen im Nationalsozialismus aber auch im Hinblick auf die erneute Anzweiflung im Kontext moderner biomedizinischer Debatten auch so gewollt. Weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart gab und gibt es einen inhaltlich Konsens in der verfassungsrechtlichen oder menschenrechtlichen Literatur über die unantastbare Menschenwürde behinderter Menschen (32). Autonomie, Unabhängigkeit und die Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, werden allgemein als Bestandteile der Menschenwürde aufgefasst. Gerade im Hinblick auf Behinderte mit intellektuellen und/oder psychischen Beeinträchtigungen werden diese Fähigkeiten jedoch in Frage gestellt, weil der Maßstab der Menschenwürde üblicherweise der erwachsene männliche nicht behinderte Mensch ist. Die BRK setzt dagegen einen anderen Maßstab und gewährt auch jenen Autonomie, Unabhängigkeit und die Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, die die herkömmlichen Anforderungen an Vernunft und Normalität nicht erfüllen und gegebenenfalls Unterstützung bei der Entscheidungsfindung benötigen. Das wird bekräftigt durch den Grundsatz der „Achtung vor der Unterschiedlichkeit von Menschen mit Behinderungen und die Akzeptanz dieser Menschen als Teil der menschlichen Vielfalt und der Menschheit.“ (33)

Das allgemeine Prinzip der „Nichtdiskriminierung“(34) ist das Herzstück der Konvention. Die Gewährung der Menschenrechte ohne Diskriminierung wegen einer Behinderung zieht sich durch den gesamten Text des Vertrags. Das Prinzip der Nichtdiskriminierung wird ergänzt durch die Grundsätze der „Chancengleichheit“(35) und der „volle(n) und wirksame(n) Teilhabe an der Gesellschaft und Einbeziehung in die Gesellschaft“(36) sowie dem Prinzip der „Zugänglichkeit.“(37) Damit soll klargestellt werden, dass Gleichheit behinderter Menschen nicht durch formale Gleichstellung erreicht werden kann (38). Gleichheit ohne Chancengleichheit ignoriert die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen, die behinderte Menschen oft haben. Gleichheit ohne Zugänglichkeit bedeutet die Tore für Behinderte zu öffnen, ohne die Barrieren zu beseitigen, die vor ihnen stehen. Und Gleichheit ohne Inklusion bedeutet Assimilation um den Preis der Unterdrückung oder der Vernachlässigung von Differenzen, die wichtig für die Identität oder die Entwicklung der einzelnen Menschen sind. Weil in der BRK das Prinzip der Nichtdiskriminierung begleitet wird von den Grundsätzen der Inklusion, Chancengleichheit und Barrierefreiheit, ist davon auszugehen, dass die BRK einem substantiellen Gleichheitskonzept folgt, das faktische und rechtliche Gleichheit, Gruppenidentität und Dominanzverhältnisse berücksichtigt. Dies ergibt sich auch aus der weiten Definition von Behindertendiskriminierung. Nach Art. 2 BRK bedeutet diese: „jede Unterscheidung, Ausschließung oder Beschränkung aufgrund von Behinderung, die zum Ziel oder zur Folge hat, dass das auf die Gleichberechtigung mit anderen gegründete Anerkennen, Genießen oder Ausüben aller Menschenrechte und Grundfreiheiten im politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, bürgerlichen oder jedem anderen Bereich beeinträchtigt oder vereitelt wird. Sie umfasst alle Formen der Diskriminierung, einschließlich der Versagung angemessener Vorkehrungen“. Damit werden jegliche Formen von Diskriminierung erfasst, direkte und indirekte, aber auch das schlichte Nichtstun, wenn es eine Anpassungspflicht gibt. Letzteres ist mit dem Terminus „Versagung angemessener Vorkehrungen“ gemeint. Der aus dem angloamerikanischen Diskriminierungsrecht stammende Terminus „denial of reasonable accommodations“ wurde insbesondere im Kontext von Behindertengleichstellungsrecht entwickelt. Ihm liegt die Erkenntnis zugrunde, dass behinderte Menschen oft gleichermaßen qualifiziert sind wie Nichtbehinderte, eine Tätigkeit auszuüben, wenn die Bedingungen der Tätigkeit, ihr Kontext oder ihr Umfeld an die individuelle Beeinträchtigung der behinderten Person angepasst werden. Eine Anpassung (Vorkehrung) kann in dem Bau einer Rampe zur Überwindung von Eingangsstufen, in der Stellung eines Gebärdendolmetschers oder in der Gewährung von flexiblen Arbeitszeiten liegen. Sie darf nicht zu einer unzumutbaren Belastung des Verpflichteten führen. Erstmalig im US-amerikanischen Rehabilitation Act of 1973 (Sec. 504) verwandt, wurde es später in das weltweit beachtete Antidiskriminierungsgesetz American with Disabilities Act (1990) (ADA) übernommen, das für viele andere Länder ein Vorbild war (39). Insbesondere im US-amerikanischen Schulrecht und im Arbeitsrecht wurde das Konzept der Diskriminierung durch Verweigerung zumutbarer Anpassungen entwickelt (40). Es führte – wie auch die rechtswissenschaftlichen Diskussionen zur mittelbaren Diskriminierung – zur Ablösung des formalen Gleichheitskonzepts und zur Hinwendung zu einem substantiellen oder materiellen Gleichheitsverständnis. Die BRK definiert „angemessene Vorkehrungen“ als „notwendige und geeignete Änderungen und Anpassungen, die keine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellen und die, wenn sie in einem bestimmten Fall erforderlich sind, vorgenommen werden, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen alle Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen oder ausüben können“(41). Auch in Art. 5 BRK, dem eigentlichen Diskriminierungsverbot wird auf die Anpassungspflicht der „angemessenen Vorkehrungen“ Bezug genommen (42).

Die beiden letzten Grundsätze „die Gleichberechtigung von Mann und Frau“(43) und „die Achtung vor den sich entwickelnden Fähigkeiten von Kindern mit Behinderungen und die Achtung ihres Rechts auf Wahrung ihrer Identität“(44) unterstreichen die Bedeutung von geschlechter- und alterssensibler Behindertenpolitik. Weil behinderte Frauen und behinderte Kinder zu den besonders gefährdeten Gruppen gehören, die Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind, wurde ihnen jeweils ein eigenständiger Artikel gewidmet. Artikel 6 handelt von behinderten Frauen. Darin wird die mehrdimensionale Diskriminierung behinderter Frauen und Mädchen anerkannt, und die Staaten verpflichten sich, Fördermaßnahmen zur Stärkung und Entwicklung behinderter Frauen zu ergreifen.

Artikel 7 benennt drei wichtige Staatenpflichten, die im Zusammenhang mit der Menschenrechtsverwirklichung von Kindern zu berücksichtigen sind: Erstens die Gleichberechtigung mit nicht behinderten Kindern (Art. 7 (1)), zweitens den Vorrang des Wohls des Kindes bei allen Maßahmen (Art. 7 (2)) und schließlich die Beteiligungsrechte des Kindes und die Gewährleistung seiner Meinungsfreiheit in allen es betreffenden Angelegenheiten (Art.7 (3)). Artikel 7 BRK stellt den Versuch dar, die Kinderrechtskonvention in ihrer Gesamtheit für behinderte Kinder anwendbar zu erklären (45).

Neben weiteren Verweisen auf Kinder und Frauen an verschiedenen Stellen der BRK (46) ist durch die systematische Stellung der Artikel 6 und 7 am Anfang der BRK auch deren horizontale Wirkung für alle in der BRK genannten Menschenrechte gesichert.

Artikel 4 BRK enthält die allgemeinen Pflichten, die die Mitgliedsstaaten bei der Umsetzung dieser Menschenrechtskonvention zu beachten haben, und ist daher als das „rechtliche Herz- stück“ für die Implementierung anzusehen (47). Er enthält eine ganze Reihe allgemeiner Staatenpflichten, die dem bekannten menschenrechtlichen Pflichtentrias der Mitgliedsstaaten, nämlich die Achtung, den Schutz und die Gewährleistung aller Menschenrechte für die BRK konkretisieren. Dazu gehört z.B. nicht nur die Abschaffung und Beseitigung aller konventionswidrigen Gesetze, sondern auch derartiger Praktiken. Die staatliche Pflicht zur Beseitigung von Diskriminierung erstreckt sich auch auf benachteiligendes Verhalten durch private Personen, Organisationen und Unternehmen (48). Für Menschenrechtsverträge neu ist die Pflicht, „den Schutz und die Förderung der Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen in allen politischen Konzepten und allen Programmen [zu] berücksichtigen;“(49), was man als Konzept des Disability Mainstreaming interpretieren könnte, auch wenn der Begriff in der BRK ausdrücklich nur für den Bereich der nachhaltigen Entwicklung verwendet wurde (50).

Erstmals in einer Menschenrechtskonvention wurden Staaten zudem verpflichtet, Fachkräfte der Sozialberufe über das Übereinkommen zu schulen. Das Thema der Bewusstseinsbildung wird in Artikel 8 BRK noch einmal gesondert aufgeführt. Die Staaten sind aufgerufen, mit vielfältigen Maßnahmen, „Klischees, Vorurteile und schädliche Praktiken gegenüber Menschen mit Behinderung“(51) zu bekämpfen und in der Gesellschaft allgemein positiv über Behinderung aufzuklären. Dabei haben die Medien eine wichtige Rolle zu spielen (52). Diese Obliegenheit, gehört wie die objektive Pflicht der Herstellung von Barrierefreiheit nach Art. 9 BRK zum Innovationspotenzial der BRK (53).

2.1.3 Die Menschenrechte der BRK

Die BRK enthält siebzehn subjektive Menschenrechte (54), die dem in der Allgemeinen Menschenrechtserklärung von 1949 und in den beiden internationalen „Kernmenschenrechtspakten“ (Bürgerrechts- und Sozialrechtspakt von 1966) (55) enthaltenen Katalog der Menschenrechte weitgehend entspricht. Die Schaffung neuer oder gar besonderer Menschenrechte war nicht die Intention der Mütter und Väter der BRK (56). Es sollte der vorhandene universal anerkannte Menschenrechtskatalog auf den Kontext von Behinderung zugeschnitten werden, so wie es bei anderen thematischen Menschenrechtsverträgen, wie etwa bei der Frauenrechtskonvention von 1979 oder bei der Kinderrechtskonvention von 1989 vorexerziert worden war. Diese beiden Menschenrechtsverträge, wie auch die Allgemeine Menschenrechtserklärung und die o.g. Kernverträge standen dem Ad-Hoc-Ausschuss, der den Text der BRK ausarbeitete, Modell. Neben dem Recht auf Gleichheit finden sich hier daher auch die anderen klassischen Menschenrechte, wie etwa das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person, das Recht auf Anerkennung als Rechtssubjekt und als geschäftsfähig, die Freiheit von Folter, Gewalt und Ausbeutung, das Recht auf Freizügigkeit und Nationalität, oder das Recht auf Meinungsfreiheit, das Recht auf Bildung, das Recht auf Gesundheit, das Recht auf Arbeit oder die Rechte auf kulturelle und politische Partizipation. Wie die Kinderrechtskonvention ist der Charakter der BRK weitergehend als eine reine Antidiskriminierungskonvention und umfasst den gesamten Katalog der Menschenrechte, wobei nicht strikt zwischen politischen und bürgerlichen Rechten auf der einen Seite sowie wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten auf der anderen Seite getrennt wird. Abgesehen davon, dass diese künstliche (und eher politisch motivierte) Trennung von Menschenrechten in zwei Gruppen spätestens seit der Wiener Menschenrechtskonferenz von 1992 überholt ist (57), wird gerade bei behinderten Personen deutlich, dass die Realisierung dieser Rechte nur unter Berücksichtigung ihrer gegenseitigen Abhängigkeit und Untrennbarkeit realisieren lässt (58).

Als weitere Besonderheit der Behindertenrechtskonvention lässt sich ihre Entwicklungsdimension benennen. Sie ist der erste UN-Menschenrechtsvertrag der einen allein stehenden Artikel zur Internationalen Zusammenarbeit hat (59). Die Bedeutung der internationalen Entwicklungszusammenarbeit für die nationale und internationale Behindertenpolitik wurde lange unterschätzt. So wurden behinderte Menschen in den acht UN-Milleniumsentwicklungszielen von 2000 (60) zur Bekämpfung von extremer Armut nicht berücksichtigt und waren bis vor einigen Jahren kaum ein Thema bei internationalen und nationalen Entwicklungsorganisationen. Dieser Zustand war angesichts der Tatsache, dass 80 % der über 650 Millionen Menschen mit Behinderungen in Entwicklungsländern leben (61), unhaltbar. Die Erreichung der Milleniumsentwicklungsziele, insbesondere die Bekämpfung von extremer Armut und Hunger, ist nicht zu erreichen, wenn eine der größten Minderheiten, die von Armut betroffen ist, nicht ins Visier der Politik und der Programme genommen wird. Seit einigen Jahren macht sich ein Umdenken bei den Organisationen bemerkbar. Die Weltbank und mehrere Geberorganisationen haben sich des Themas verstärkt angenommen, Studien und Politikpapiere veröffentlicht (62) und auch z.B. das Netzwerk Global Partnership for Disability and Develpment (63) gegründet. Die BRK greift diese Entwicklung auf und setzt mit Artikel 32 BRK neue Akzente. Erste Auswirkungen sind bereits zu erkennen. So beschäftigte sich die Soziale Kommission für Entwicklung der Vereinten Nationen in ihrer 46. Sitzung im Februar 2008 mit neuen Ideen für eine behinderungssensible inklusive Entwicklungszusammenarbeit (64).

2.1.4 Umsetzung und Überwachung

Auch im Implementierungsteil enthält die BRK Regelungen mit hohem Innovationspotenzial.

Wie die anderen Menschenrechtspakte wird die BRK auf internationaler Ebene durch einen Vertragsausschuss, bestehend aus zwölf unabhängigen Experten und Expertinnen, überwacht. Die Hauptaufgabe des im November 2008 erstmalig gewählten Ausschusses (65) besteht in der Überprüfung und Bewertung der regelmäßig vorzulegenden Staatenberichte und in der Interpretation der BRK durch so genannte Allgemeine Kommentare (66). Dieses Berichtssystem, das sich in der Vergangenheit bewährt hat, aber auch deutliche Schwächen hinsichtlich seiner Durchführung aufweist (67), wurde für die BRK in einigen Details reformiert, indem Verbesserungsvorschläge, die seit Jahren auf dem Tisch liegen, aufgegriffen wurden (68).

Die Erfahrungen, die mit der Überwachung der BRK gesammelt werden, werden somit auch für das völkerrechtliche Menschenrechtssystem insgesamt von Bedeutung sein und Überlegungen zu dessen Reformierung beeinflussen.

Neben dem Vertragsausschuss wurde auf internationaler Ebene als weiteres neues Organ die Staatenkonferenz zur BRK geschaffen, die für alle Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Durchführung der BRK zuständig ist (69). Sie wählt nicht nur die Ausschussmitglieder (70), sondern ist auch für zukünftige Änderungen der BRK – die gegebenenfalls im Rahmen des angestrebten Reformprozesses notwendig werden – zuständig (71).

Die nationalen Menschenrechtsinstitute erfahren durch die BRK eine besondere Aufwertung, weil die Überwachung der BRK zweigleisig international und national strukturiert ist. Dem internationalen Monitoring wird ein innerstaatliches Durchführungs- und Überwachungssystem zur Seite gestellt. Dieses besteht einerseits aus einem oder mehreren staatlichen Koordinierungsstelle(n) und andererseits aus einem unabhängigen Mechanismus zur „Förderung, den Schutz und die Überwachung der Durchführung dieses Übereinkommens“ (72). Die staatliche Koordinierungsstelle(n) soll(en) sicherstellen, dass die Durchführung der BRK auf allen staatlichen Ebenen erfolgt. Der unabhängige nationale Mechanismus flankiert das internationale Überwachungssystem. Zwar bleibt es den Mitgliedsstaaten vorbehalten zu entscheiden, welche – auch eventuell neu zu schaffende – Institution sie mit diesem nationalem Monitoring betrauen, der indirekte Bezug zu den Pariser Prinzipien von 1993 (73) macht jedoch deutlich, dass hier in erster Linie die nationalen Menschenrechtsinstitute gemeint sind. Damit soll der nationale Menschenrechtsschutz ausgebaut werden, um die Implementierung von Menschenrechtsstandards effektiver zu gestalten. Die Stärkung des nationalen Menschenrechtsschutzes als flankierende Maßnahme zum internationalen Monitoringsystem wurde seit der Wiener Menschenrechtskonvention von 1993 systematisch vorangetrieben. Mittlerweile gibt es nationale Menschenrechtsinstitute (NMRI) in über 100 Ländern, von denen mehr als 60 Institute einen Akkreditierungsstatus nach den Pariser Prinzipien innehaben (74). Sie haben sich zu einem Forum der Nationalen Menschenrechtsinstitute zusammengeschlossen (75) und die akkreditierten NMRIs wählen einen Internationale Koordinationsausschuss (76). Neben der Antifolterkonvention (77) ist die BRK die einzige Menschenrechtskonvention, die einen nationalen Mechanismus vorsieht. Auch in dieser Hinsicht wird es mit der Umsetzung der BRK zu einer Weiterntwicklung des Völkerrechts kommen.

Dem Motto der Entstehungsgeschichte der BRK entsprechend (Nothing about us without us) ist bei der Durchführung und Umsetzung (78) sowie bei der Überwachung (79) der BRK eine umfassende Beteiligung der Zivilgesellschaft, insbesondere der Behindertenverbände, vorgesehen.

2.2 Das Fakultativprotokoll

Das aus achtzehn Artikeln bestehende Fakultativprotokoll (FP) zur BRK sieht als weitere Überwachungsverfahren die Individualbeschwerde (80) und das Untersuchungsverfahren (81) vor. Bei der Individualbeschwerde können sich Individuen oder Personengruppen aus Mitgliedsstaaten an den Genfer Vertragsausschuss mit der Behauptung wenden, Opfer einer Verletzung der BRK zu sein. Dieses Verfahren ist im wesentlich den bereits existierenden Individualbeschwerdeverfahren im UN Menschenrechtssystem nachgebildet. Fünf der acht in Kraft getretenen „Kernmenschenrechtspakte“ enthalten solche Verfahren. Mit der einstimmigen Verabschiedung des Fakultativprotokolls zum internationalen Sozialpakt im Dezember 2008 durch die Generalversammlung der Vereinten Nation (82) wird nun hoffentlich auch bald der Streit um die Justiziabilität der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte ein Ende haben (83). Das Individualbeschwerdeverfahren ist ein quasi-gerichtliches Verfahren, das eine gute Ergänzung zum Staatenberichtsverfahren darstellt. Es ermöglicht die Entwicklung einer auf den konkreten Einzelfall bezogenen Judikatur, die der Interpretation der BRK zu Gute kommt, zum anderen aber auch den Mitgliedsstaaten klare Vorgaben zur Umsetzung des Übereinkommens macht. Die wenigen Individualbeschwerdeverfahren, die bislang behinderte Personen betrafen (84), haben jeweils zu einer Weiterentwicklung des Menschenrechtsschutzes geführt.

Das Untersuchungsverfahren, dessen Vorbilder in der Frauenrechtskonvention (85) und in der Antifolterkommission (86) zu finden sind, ermöglicht es dem Vertragsausschuss der BRK schwerwiegende Verletzungen von Menschenrechten – gegebenenfalls vor Ort – vertraulich zu untersuchen. Auch dieses Verfahren gehört zu den Reforminstrumenten im internationalen Menschenrechtsschutz. Dagegen wurde auf die Aufnahme eines Staatenbeschwerdeverfahrens in die BRK verzichtet. Dieses Verfahren, dass die Beschwerde eines Mitgliedsstaats gegen einen anderen Mitgliedsstaat ermöglicht, und in einigen Kernkonventionen enthalten ist, wurde in der Geschichte des UN-Menschenrechtssystems noch nie benutzt. Die Tatsache, dass sie in der BRK nicht enthalten ist, ist ein weiterer Beleg für deren Beitrag zur Weiterentwicklung des internationalen Menschenrechtsschutzes.

3. Deutsche Ratifikation und Umsetzung

3.1 Unterzeichnung, Übersetzung und Ratifikation

Deutschland gehört zu den mehr als achtzig Mitgliedsstaaten, die die BRK und das FP bereits am ersten Tag der Auslegung zur Unterzeichnung, am 30. März 2007 unterzeichnet haben. Gem. Art. 59 Abs. 2 GG war für die Ratifikation die Zustimmung des Bundestages und des Bundesrates erforderlich. Die Bundesregierung schaffte hierfür mit dem Ratifizierungsgesetzentwurf vom 8.11.2008 die rechtlichen Voraussetzungen (87). Die Veröffentlichung erfolgte am 21. Dezember 2008 (88). Die darin enthaltene deutsche Übersetzung der BRK und die Denkschrift wurden von Politikern, Verbänden und Wissenschaftlern in der Sachverständigenanhörung (89) erheblich kritisiert. Bezüglich der deutschen Übersetzung (90) wird moniert, dass so zentrale Begriffe wie z.B. „inclusion“ mit dem deutschen Wort „Integration“ übersetzt wurden. Diese Übersetzung reflektiert nicht den Paradigmenwechsel, der mit der BRK bezweckt ist und führt auch in der internationalen Kommunikation zu Irritationen. Inklusion wird im politischen und wissenschaftlichen Diskurs als Weiterentwicklung des die Bildungsstrukturen nicht tangierenden Integrationskonzepts gesehen. Die Veröffentlichung einer Schattenübersetzung als Alternative zur amtlichen deutschen Übersetzung ist daher zu begrüßen (91). Für die juristische Interpretation der BRK gilt nach Art. 50 BRK, dass die deutsche amtliche Übersetzung nicht maßgeblich ist, weil sie nicht zu den authentischen Fassungen der BRK gehört (92). Der englischen Fassung der BRK kommt besondere Bedeutung zu, weil sie die vorrangige Verhandlungssprache in den Situationen des Ad-Hoc-Ausschusses war, in denen ohne Simultandolmetscher verhandelt werden musste (93).

Bezüglich der Denkschrift ist zu beanstanden, dass die Bundesregierung darin erklärt, die Implementierung der BRK in die deutsche Rechtsordnung erfordere weder Gesetzesreformen, noch sei sie mit – über die Einrichtung des nationalen Monitoring hinausgehenden – besonderen Kosten verbunden. Aus den Verhandlungen des Ratifizierungsgesetzes geht jedoch hervor, dass hierüber keinesfalls Konsens in der Legislative bestand (94). Auch das wird für zukünftige juristische Interpretationen des Ratifikationsgesetzes relevant sein.

Die BRK ist international am 3. Mai 2008 (95) und in Deutschland am 26. März 2009 (96) in Kraft getreten. Begrüßenswert ist, dass sowohl das Übereinkommen als auch das Fakultativprotokoll von deutscher Seite vorbehaltlos und ohne Interpretationserklärung ratifiziert wurden, und damit die BRK uneingeschränkt im deutschen Rechtkreis wirksam wurde. Bedauerlich ist, dass es im Ratifikationsprozess nicht zu einer Nachbesserung der deutschen amtlichen Übersetzung kam. Dieses hatten nicht nur nahezu alle Sachverständigen in der Anhörung des Bundestages gefordert (97), sondern auch das Deutsche Institut für Menschenrechte in einer Sonderpublikation zur Ratifikationsdebatte empfohlen (98).

3.2 Erste Umsetzungsschritte

Die Bundesregierung hat dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Federführung für die BRK übertragen und zugleich die Koordinationsstelle gem. Art. 33 Abs.1 BRK dort angesiedelt. Sie hat weiterhin das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) mit der Begleitung der Umsetzung des Übereinkommens beauftragt und bei ihm die unabhängige Monitoring-Stelle gem. Art. 33 Abs. 2 BRK eingerichtet. Insbesondere letztere Entscheidung ist zu begrüßen, denn die Ansiedlung der unabhängigen Monitoringstelle beim DIMR sichert die Einbindung der Behindertenfrage in das noch junge System (99) des deutschen Menschenrechtsschutzes. Wie in vielen anderen Staaten wurde auch in Deutschland die Behindertenpolitik lange Zeit nicht als Thema der Menschenrechtspolitik angesehen. Der spätestens mit der Reformierung des Rehabilitationsrechts (SGB XI von 2001) und dem Erlass des Behindertengleichstellungsgesetzes von 2002 einsetzende Wandel von der traditionellen Fürsorgepolitik zu einer Behindertenpolitik der Selbstbestimmung und Gleichberechtigung war der erste Schritt eines Paradigmenwechsels, der nun mit der BRK auch den Menschenrechtsansatz aufnimmt. Welche weiteren legislativen Maßnahmen zur Umsetzung der BRK in Deutschland erforderlich sind, wird eine wesentliche Frage des nun anstehenden Implementationsprozesses sein. Erste rechtliche Gutachten, die den Weg weisen könnten, liegen bereits vor (100).

4. Das Recht auf Bildung in der Behindertenrechtskonvention

4.1 Art. 24 BRK – Entstehungsgeschichte

Das Recht auf Bildung wird in der BRK insbesondere in Art. 24 geregelt, der folgenden Wortlaut hat:

Artikel 24 Bildung
(1) Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen mit dem Ziel,
a) die menschlichen Möglichkeiten sowie das Bewusstsein der Würde und das Selbstwertgefühl des Menschen voll zur Entfaltung zu bringen und die Achtung vor den Menschenrechten, den Grundfreiheiten und der menschlichen Vielfalt zu stärken;
b) Menschen mit Behinderungen ihre Persönlichkeit, ihre Begabungen und ihre Kreativität sowie ihre geistigen und körperlichen Fähigkeiten voll zur Entfaltung bringen zu lassen;
c) Menschen mit Behinderungen zur wirklichen Teilhabe an einer freien Gesellschaft zu befähigen.

(2) Bei der Verwirklichung dieses Rechts stellen die Vertragsstaaten sicher, dass
a) Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden und dass Kinder mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden;
b) Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen haben;
c) angemessene Vorkehrungen für die Bedürfnisse des Einzelnen getroffen werden;
d) Menschen mit Behinderungen innerhalb des allgemeinen Bildungssystems die notwendige
Unterstützung geleistet wird, um ihre erfolgreiche Bildung zu erleichtern;
e) in Übereinstimmung mit dem Ziel der vollständigen Integration wirksame individuell angepasste Unterstützungsmaßnahmen in einem Umfeld, das die bestmögliche schulische und
soziale Entwicklung gestattet, angeboten werden.

(3) Die Vertragsstaaten ermöglichen Menschen mit Behinderungen, lebenspraktische Fertigkeiten und soziale Kompetenzen zu erwerben, um ihre volle und gleichberechtigte Teilhabe an der Bildung und als Mitglieder der Gemeinschaft zu erleichtern. Zu diesem Zweck ergreifen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen; unter anderem
a) erleichtern sie das Erlernen von Brailleschrift, alternativer Schrift, ergänzenden und alternativen Formen, Mitteln und Formaten der Kommunikation, den Erwerb von Orientierungs- und Mobilitätsfertigkeiten sowie die Unterstützung durch andere Menschen mit Behinderungen und das Mentoring;
b) erleichtern sie das Erlernen der Gebärdensprache und die Förderung der sprachlichen Identität der Gehörlosen;
c) stellen sie sicher, dass blinden, gehörlosen oder taubblinden Menschen, insbesondere Kindern, Bildung in den Sprachen und Kommunikationsformen und mit den Kommunikationsmitteln, die für den Einzelnen am besten geeignet sind, sowie in einem Umfeld vermittelt wird, das die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung gestattet.

(4) Um zur Verwirklichung dieses Rechts beizutragen, treffen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen zur Einstellung von Lehrkräften, einschließlich solcher mit Behinderungen, die in Gebärdensprache oder Brailleschrift ausgebildet sind, und zur Schulung von Fachkräften sowie Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen auf allen Ebenen des Bildungswesens. Diese Schulung schließt die Schärfung des Bewusstseins für Behinderungen und die Verwendung geeigneter ergänzender und alternativer Formen, Mittel und Formate der Kommunikation sowie pädagogische Verfahren und Materialien zur Unterstützung von Menschen mit Behinderungen ein.

(5) Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass Menschen mit Behinderungen ohne Diskriminierung und gleichberechtigt mit anderen Zugang zu allgemeiner Hochschulbildung, Berufsausbildung, Erwachsenenbildung und lebenslangem Lernen haben. Zu diesem Zweck stellen die Vertragsstaaten sicher, dass für Menschen mit Behinderungen angemessene Vorkehrungen getroffen werden.

Um das Recht auf Bildung für behinderte Kinder und Erwachsene wurde in dem Ad-Hoc-Ausschuss lange gestritten (101). Konfliktpunkt war insbesondere die Frage, ob das Recht auf Bildung ein Wahlrecht hinsichtlich der Bildungsinstitution enthalte. Einige Stimmen wollten Eltern und ihren behinderten Kindern ein Wahlrecht auf inklusive Beschulung geben und die Sonderbeschulung behinderter Kinder als Ausnahmemöglichkeit festschreiben. Andere Stimmen wollten ein Menschenrecht auf Sonderbeschulung bzw. auf sonderpädagogische Bildung als gleichberechtigtes Wahlrecht stipulieren. Dagegen votierten jene, die eine Abschaffung von Sonderschulen als Ziel der BRK festschreiben wollten. Die Vertreter und Vertreterinnen der Gehörlosen-, Blinden- und Taubblindenverbände forderten das Recht auf Unterricht in Gebärdensprache bzw. mit Braille oder mit anderen Mitteln der Kommunikation. Im ersten Entwurf der BRK, die von der Arbeitsgruppe des Ad-Hoc Ausschusses ausgearbeitet wurde, war noch ein Wahlrecht auf inklusive Bildung enthalten (102). Die Diskussionen im Ad-Hoc-Ausschuss führten letztendlich dazu, von der Formulierung eines Wahlrechts Abstand zu nehmen und ein Menschenrecht auf inklusive Bildung für alle behinderte Menschen – unter Berücksichtigung der Bedürfnisse von Menschen mit Sinnesbehinderungen – anzuerkennen (103).

Eine weitere Frage, die diskutiert wurde, war die Frage, welche Terminologie „integration“ oder „inclusion“ für das Ziel der gemeinsamen Bildung von behinderten und nicht behinderten Kindern verwendet werden soll. Diesbezüglich einigte man sich unter Bezugnahme u.a. auf die UNESCO Salamanca Erklärung von 1994 (104) auf den letzteren Begriff. Vorbilder für die endgültige Fassung des Artikels 24 BRK waren insbesondere die Kinderrechtskonvention und das Recht auf Bildung im Internationalen Sozialpakt.

4.2 Recht auf Bildung als Menschenrecht

Das Recht auf Bildung ist seit langem im Völkerrecht als Menschenrecht anerkannt. Es ist in allen Kernmenschenrechtskonventionen enthalten (105). Katarina Tomasevsky, die von 1998–2004 die erste Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen für das Recht auf Bildung war, charakterisierte einmal die vier historischen Abschnitte der graduellen Verwirklichung des Rechtes auf Bildung als Menschenrecht in den meisten Staaten der Vereinten Nationen. Die erste Phase kennzeichne sich durch die Anerkennung eines Rechts auf Bildung, von dem allerdings einige Menschen – wie Immigranten oder Dienstboten – ausgeschlossen würden. Daran an schließe sich eine Phase der Realisierung des Rechts auf Bildung durch Separation. Mädchen, behinderten Kindern oder Migrantenkindern werde zwar ein Recht auf Bildung zugestanden, jedoch nur in gesonderten Schulen. In der dritten Phase sei das Ziel die Integration, die jedoch durch Assimilation erlangt werde. Nur denjenigen werde Zugang zum allgemeinen Schulsystem gewährt, die sich der Norm anpassen könnten, etwa auf der sprachlichen Ebene (Migrantenkinder), oder hinsichtlich funktioneller Voraussetzungen (behinderte Kinder). Erst in der vierten Phase werde inklusive Bildung durch Anpassung und Respekt vor der Verschiedenheit der Menschen angestrebt (106). Diese vier historischen Phasen der Anerkennung eines Rechts auf Bildung spiegeln sich in den verschiedenen Menschenrechtsinstrumenten der Vereinten Nationen wider. Wegweisend für die Abkehr vom separierenden Bildungssystem war insbesondere die UNESCO-Konvention gegen Diskriminierung im Unterrichtswesen von 1960. Sie verbietet die Errichtung oder den Erhalt
getrennter Bildungssysteme für bestimmte Individuen oder Gruppen, sowie die Bildung unter unwürdigen Bedingungen als Formen der Bildungsdiskriminierung (107). Getrennte Bildungsinstitutionen sind lediglich aufgrund von Geschlecht, Religion oder Sprache bzw. als private Institutionen erlaubt. Sie dürfen nicht zu einem niedrigeren Bildungsstandard für diese Gruppen führen und müssen Wahlfreiheit zwischen allgemeiner oder Sonderschule erlauben (108).

Was positiv unter diskriminierungsfreier Bildung zu verstehen ist, hat der Ausschuss für Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte, der der Überwachungsausschuss des Internationalen Sozialpakts ist, mit seinem 1999 verabschiedeten Allgemeinen Kommentar Nr. 13 konturiert. Diskriminierungsfreie und den Menschenrechtsstandards entsprechende Bildung muss danach vier Vorgaben erfüllen, die im internationalen Diskurs als „4-A-Scheme“ bezeichnet wird: Sie muss für alle Menschen ausnahmslos verfügbar sein (Availability), sie muss für alle zugänglich sein (Accessibility), sie muss drittens annehmbar sein (Acceptability) und sie muss für verschiedene Menschen in unterschiedlichen sozialen und kulturellen Kontexten adaptierbar und flexibel (Adaptability) sein (109).

Das Recht auf Bildung für behinderte Kinder wurde in den 1980er Jahre durch die UNESCO verstärkt aufgegriffen (110). Dabei wurde zunächst festgestellt, dass in vielen Ländern, behinderte Kinder gesetzlich oder faktisch von der Schulpflicht ausgeschlossen wurden. Die weltweite Anerkennung eines Rechts auf Bildung für behinderte Kinder (in Sonderschulen) war das zentrale Anliegen der Vereinten Nationen in dieser Zeit. Ein Anspruch auf integrative Bildung wurde erstmals am Ende der UN-Behindertendekade (1983–1992) in den UN-Rahmenbestimmungen von 1993 festgeschrieben (111) und durch den Allgemeinen Kommentar No 5 des Ausschusses für Wirtschaftliche und Soziale Rechte auf den Internationalen Sozialpakt übertragen (112).

Mit der UNESCO-Deklaration von Salamanca wurde 1994 das Recht auf inklusive Bildung auch für behinderte Kinder angewandt. Der Kinderrechtsausschuss der Kinderrechtskonvention nahm diesen Begriff zuerst auf und beschrieb den Wandel von der Integrations- zur Inklusionspolitik für behinderte Kinder als Wandel von der Assimilierung zur individuellen und an Gleichberechtigung orientierten Bildungspolitik (113). Diese Auffassung wird in seinem 2006 verabschiedeten Allgemeinen Kommentar Nr. 9 zu den Rechten behinderter Kinder in der Kinderrechtskonvention bekräftigt. Dort wird dem Unterschied zwischen integrativer und inklusiver Bildungspolitik ein ganzer Abschnitt gewidmet (114). Auch der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen, Vernor Muñoz, hat in seiner Studie zum Recht auf Bildung für behinderte Kinder das Recht auf inklusive Bildung zum zentralen Wesensgehalt des Menschenrechts auf Bildung für behinderte Personen erklärt und konkrete inhaltliche Vorgaben zur Umsetzung dieses Menschenrechts gemacht (115).

Artikel 24 BRK stellt den vorläufigen Abschluss der schrittweisen Anerkennung des Rechts auf inklusive Bildung für Menschen mit Behinderung dar. Sonderschulen werden durch Art. 24 BRK zwar nicht kategorisch verboten, die systematische Aussonderung behinderter Personen aus dem allgemeinen Bildungssystem stellt allerdings eine Vertragsverletzung dar.

4.3 Bedeutung für Deutschland

Das deutsche Bildungssystem wurde in jüngerer Zeit mehrfach als diskriminierend kritisiert. In den letzten drei Jahrzehnten hat sich in Deutschland eine Elternbewegung formiert, die beharrlich und in einigen Bundesländern gemeinsame Beschulung behinderter und nicht behinderter Kinder durchsetzen konnte (116). Moniert wurde die Aussonderung behinderter Kinder aus dem allgemeinen deutschen Bildungssystem auch vom Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für das Recht auf Bildung Vernor Muñoz bei seinem Besuch in Deutschland im Februar 2007. In seinem Bericht klagt Muñoz insbesondere die deutsche Integrationspolitik als eine Politik der Segregation zwischen behinderten und nicht behinderten Kindern an. Hier empfiehlt er eine Umorientierung hin zu einer Politik der Inklusion und der Stärkung des rechtsbasierenden Ansatzes in der Bildungspolitik (117).

Das Inkrafttreten der BRK in Deutschland löst Vertragspflichten für die Bundesregierung, aber insbesondere für die Landesgesetzgeber aus, da das Bildungsrecht der Gesetzgebungskompetenz der Länder unterliegt. Die Länder sind nach dem Lindauer Abkommen und nach dem Grundsatz der Bundestreue verpflichtet, ihre Schulgesetze gegebenenfalls entsprechend Art. 24 BRK zu reformieren (118). Die Konferenz der Kultusminister hat bereits eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die die Empfehlungen zur sonderpädagogischen Förderung in den Schulen der Bundesrepublik Deutschland entsprechend fortschreiben wird (119).

Daneben erlangt das Recht auf inklusive Bildung aus Art. 24 BRK aber auch unmittelbare Geltung insoweit, als es ein Verbot der Diskriminierung behinderter Menschen im Bildungsbereich enthält. Völkerrechtliche Diskriminierungsverbote haben individualschützende und unmittelbare Wirkung, selbst wenn es sich bei dem zu realisierenden Recht um ein wirtschaftliches, soziales oder kulturelles Menschenrecht handelt (120). Damit sind Schulbehörden und deutsche Gerichte bereits jetzt angehalten, behinderte Schüler inklusiv zu beschulen. Wie weit dabei auch Kosten entstehen dürfen, die bei der Beschulung eines nicht behinderten Kindes nicht entstehen, muss im Einzelfall entschieden werden. Bereits in der Sonderschulentscheidung von 1997 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass es eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbots aus Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG darstellt, wenn „die Sonderschulüberweisung erfolgt, obgleich der Besuch der allgemeinen Schule durch einen vertretbaren Einsatz von sonderpädagogischer Förderung ermöglicht werden könnte.“(121) Diese Rechtsprechung muss nun im Lichte des Art. 24 iVm Art. 5 (Diskriminierungsverbot) BRK weiterentwickelt werden. Sie ist insofern überholt, als das Gericht dem Landesgesetzgeber einen hohen Einschätzungsspielraum zubilligte, welche Form der integrativen Beschulung für das jeweilige Land bereitgehalten werden muss. Hier setzt das in Art. 24 BRK kodifizierte Menschenrecht auf inklusive Bildung neue Maßstäbe, die zur Zeit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht bekannt waren. Auch der in der Entscheidung entwickelte allgemeine Vorbehalt vorhandener pädagogischer, organisatorischer, personeller und finanzieller Mittel (122) als Schranke für das Grundrecht auf diskriminierungsfreie Bildung für behinderte Kinder ist seit dem Inkrafttreten der BRK in Deutschland so nicht mehr aufrecht zu erhalten. Die BRK enthält nämlich einen Diskriminierungsbegriff, der in der deutschen Rechtsordnung bislang kaum bekannt ist (123). Art. 5 BRK verbietet jede Form der Diskriminierung und verpflichtet zur Gewährleistung angemessener Vorkehrungen, die in Art. 2 BRK definiert werden (124). Der individualrechtliche Anspruch auf angemessene Vorkehrungen wurde ausdrücklich auch im Recht auf inklusive Bildung der BRK aufgenommen (Art. 24 Abs. 2 lit. c) und ist daher im Schulrecht anzuwenden. Der Anspruch auf angemessene Vorkehrung (englisch: reasonable accommodation) als Bestandteil des Antidiskriminierungsrechts stellt eine Weiterentwicklung
des deutschen Rechts dar. Er wurde zwar durch die EU-Richtlinie zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichberechtigung in Beschäftigung und Beruf vom 27. November 2000 auch für den deutschen Rechtsraum verbindlich (125), und das Schwerbehindertenrecht kennt auch einen subjektiven Anspruch auf behindertengerechte Gestaltung des Arbeitsplatzes (§ 81 SGB XI). Er wurde aber bislang nicht eindeutig in das deutsche Behindertengleichstellungsrecht übernommen. So ist er weder im Behindertengleichstellungsgesetz von 2002 noch im Allgemeinen Gleichstellungsgesetz von 2006 enthalten (126). Eine völkerrechtskonforme Auslegung des verfassungsrechtlichen Benachteiligungsverbotes für Behinderte in Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG müsste daher über das Sonderschulurteil des Bundesverfassungsgerichts hinausgehen und den neuen Diskriminierungsbegriff der BRK berücksichtigen. Was im Einzelfall als angemessene Vorkehrung zur inklusiven Beschulung verlangt werden kann, dafür gibt es Anhalte in der europäischen und transatlantischen Rechtsprechung zum Begriff des reasonable accommodation im Behindertengleichstellungsrecht (127). Die extrem hohe deutsche Exklusionsquote von über 80 % der behinderten Schüler und Schülerinnen (128) aus dem Regelschulsystem stellt jedenfalls ein deutliches Indiz für eine mittelbare Diskriminierung Behinderter im deutschen Bildungssystem dar. In der europäischen Menschenrechtssprechung gelten derartige statistische Befunde bereits seit einigen Jahren als Beweis für Diskriminierung. So entschied der Europäische Menschengerichtshof im Fall D.H. & Others v. the Czech Republik (129) dass das Recht von Roma Kindern auf diskriminierungsfreie Bildung aus Art. 14 EMRK, Art. 2 ZP EMRK verletzt ist, weil sie überproportional in Schulen für Lernbehinderte beschult werden. Der Europäische Ausschuss für Soziale Rechte hat in zwei jüngeren Entscheidungen eine Verletzung des Rechts auf diskriminierungsfreie Bildung nach der Europäischen Sozialcharta (130) in Frankreich und in Bulgarien wegen mangelnder inklusiver Bildungsangebote für (geistig) behinderte Kinder festgestellt (131).

5. Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die BRK behindertenpolitische wie völkerrechtliche Vorgaben für eine Weiterentwicklung des Rechts und der Praxis hin zu einem modernen Menschenrechtsschutz enthält. Sie manifestiert behindertenpolitisch den Paradigmenwechsel vom medizinischen zum menschenrechtlichen Modell von Behinderung. Völkerrechtlich wird mit ihr der innerstaatliche Menschenrechtsschutz gestärkt und der internationale Überwachungsmechanismus reformiert.

Die BRK orientiert sich an den anderen „Kernmenschenrechtsverträgen“ und interpretiert den allgemein anerkannten Katalog der Menschenrechte im Hinblick auf behinderte Menschen. Es ist zu begrüßen, dass die Bundesregierung das Übereinkommen und sein Fakultativprotokoll vorbehaltlos ratifiziert hat. Damit ist der Inhalt der Konvention im vollen Umfang im deutschen Rechtskreis wirksam geworden. Das Recht auf Bildung wurde durch die BRK für behinderte Menschen als Recht auf inklusive Bildung ausgestaltet, das eine Weiterentwicklung des Rechts auf integrative Bildung darstellt. Die Landesgesetzgeber sind nun verpflichtet, die Schulgesetze (wie auch die Hochschulgesetze und Kindertagesstättengesetze) – soweit sie den neuen Anforderungen nicht entsprechen – zu ändern. Darüber hinaus hat Art. 24 BRK auch unmittelbare individualrechtliche Wirkung, da es ein Diskriminierungsverbot enthält. Seit dem 26. März 2009 dürfen Schulbehörden und Gerichte nicht mehr behinderte Schüler und Schülerinnen diskriminieren, indem sie sie zwangsweise in Sonderschulen beschulen, selbst wenn ihre inklusive Beschulung mit Kosten und anderen Maßnahmen verbunden ist. Mit der BRK wurde ein neuer Diskriminierungsbegriff in die deutsche Rechtsordnung eingeführt, der die bisherige deutsche Schulpolitik, die über 80 % der behinderten Schüler und Schülerinnen aussondert, als mittelbare Diskriminierung charakterisieren lässt.

Verf.: Prof. Dr. Theresia Degener, LL.M., Evangelische Fachhochschule Rheinland Westfalen- Lippe, Bochum, und University of the Western Cape, Kapstadt, Immanuel-Kant Str. 18–20, 44803 Bochum, E-Mail: degener@efh-bochum.de


Anmerkungen:
1.    UN GA Res. 61/106 of 13 December 2006.
2.    Artikel 42 und 44 BRK und Art. 12 des dazu gehörenden Fakultativprotokolls. Die Europäischen Gemeinschaften unterzeichneten die BRK am 30. März 2007.
3.      Müller, A./Seidensticker, F., Handbook: The Role of National Human Rights Institutions in the United Nations Treaty Body Process, German Institute for Human Rights, Berlin 2007.
4.     Status am 25. April 2009.
5.    Vgl. Arbeitsgemeinschaft Disability Studies in Deutschland: Woher kommen die Disability Studies? www.disabilitystudies.de/studies.html (30.03.2009); Oliver, M., Understanding Disability: From Theory to Practice, New York 1996; Snyder, S., Disability Studies, in: Albrecht, G. (Hrsg.) Encyclopedia of Disability, Thousand Oaks, London 2006, Bd. 1, S. 478–489.
6.    Bickenbach, J.E. et. al., Models of disablement, universalism and the international classification of impairments, disabilities and handicaps, in: Social Science and Medicine, 1999, 48, S. 1173–1187; Hirschberg, M., Die Klassifikationen von Behinderung der WHO, IMEW Expertise 1, Berlin 2003.
7.    Degener, T./Koster-Dreese, Y. (Hrsg.), Human rights and disabled persons: Essays and relevant human rights instruments, International Studies in Human Rights 40, Dordrecht 1995; Degener, T./Quinn, G., A Survey of International, Comparative and Regional Disability Law Reform, in: Breslin, M.L./Yee, S. (Hrsg.) Disability Rights Law and Policy: International and National Perspectives, New York 2002, S. 3–128; Quinn G./Degener T., et. al., Human rights and disability: The current use and future potential of United Nations human rights instruments in the context of disability, OHCHR, United Nations, New York/Geneva 2002.
8.    Degener, T., Antidiskriminierungsrechte für Behinderte: Ein globaler Überblick, in: ZaöRV 65, 2005, S. 887–935.
9.    Waddington, L., From Rome to Nice in a Wheelchair. The Development of a European Disability Policy 2006.
10.    Degener, T./Quinn, G., United Nations Disability Convention, in: Albrecht G. (Hrsg.) Encyclopedia of Disability, Bd. 4, Thousand Oaks, London 2006, S. 1580–1584.
11.    Degener, T., vgl. Anm. 8.
12.    http://www.unhchr.ch/huricane/huricane.nsf/view01/D4D11908028E486EC1257571005A73EE?opendocument (Zugriff am 05. April 09).
13.     World Programme of Action Concerning Disabled Persons Res. A/37/52 of 3 December 1982.
14.    Standard Rules on the Equalizations of Opportunities for Persons with Disabilties, Res. A/48/96 of 20 December 1993.
15.     Degener, T./Koster-Dreese, Y., Anm. 7, S. 9 ff.; Degener, T., Eine UN-Menschenrechtskonvention für Behinderte als Beitrag zur ethischen Globalisierung, in: „Aus Politik und Zeitgeschichte“, Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament“ B 8/2003 vom 17.02.2003, S. 37–45.
16.     Z.B. Disabled Peoples’ International, Rehabilitation International, Inclusion International, World Federation of the Deaf, World Federation of the Deafblind, World Blind Union, World Network of Users and Survivors of Psychiatry, vgl. www.internationaldisabilityalliance.org (05.05.2009).
17.     Die Verfasserin war als Beraterin der Bundesregierung Mitglied der deutschen Regierungsdelegation. Einige Staaten, wie etwa Südafrika und Uganda entsandten Delegationen mit ausschließlich behinderten Mitgliedern.
18.     Federführend waren das Hohe Kommissariat für Menschenrechte und die Abteilung für Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten und die UN Sonderberichterstatterin für Behinderte.
19.    Aktiv waren insbesondere die Internationale Arbeitsorganisation, WHO, UNICEF, UNESCO und die Weltbank.
20.    Convention on the Rights of Persons with Disabilities (CRPD).
21.    Optional Protocol (OP).
22.    Bielefeld, H., Zum Innovationspotenzial der Behindertenrechtskonvention, Deutsches Institut für Menschenrechte, Berlin 2006, S. 6.
23.    Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau von 1979.
24.    Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von rassistischer Diskriminierung von 1965.
25.    Vgl. Art. 9 Abs. 2 lit.b) BRK den barrierefreien Zugang zu für die Allgemeinheit bestimmten Einrichtungen und Dienstleistungen betreffend und Art. 21 lit.c) BRK hinsichtlich des Zugangs zu barrierefreier Information.
26.    So auch Aichele, V., Die UN-Behindertenrechtskonvention und ihr Fakultativprotokoll: Ein Beitrag zur Ratifikationsdebatte, Deutsches Institut für Menschenrechte: Berlin 2008, S. 5; Schmahl, S., Menschen mit Behinderungen im Spiegel des internationalen Menschenrechtsschutzes, in: ARV 45, 2007, S. 517–540 (529).
27.     Präambel Abschnitt e).
28.    Vgl. Degener, T., Menschenrechtsschutz für behinderte Menschen. Vom Entstehen einer neuen Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen. in: Vereinte Nationen 3, 2006, S. 104–110; Bernstorff, J., Menschenrechte und Betroffenenrepräsentation: Entstehung und Inhalt eines UN-Antidiskriminierungsübereinkommens über die Rechte von behinderten Menschen, ZaöRV 67, 2007, S.1041–1063 (1047).
29.     Degener, T., Welche legislativen Herausforderungen bestehen in Bezug auf die nationale Implementierung der UNBehindertenrechtskonvention in Bund und Ländern? in: Behindertenrecht 02/2009, S. 34–52, sowie Kayess, R./ French, P., “Out of Darkness into Light? Introducing the Convention on the Rights of Persons with Disabilities” in: Human Rights Law Review 8 (1), 2008, S. 1–34 (21).
30.     Art. 3 a) BRK.
31.    Bielefeld, Anm. 22.
32.     Degener, T., “Menschenwürde und Behinderung“ (10. Jan. 09). Zum Begriff der Menschenwürde im Kontext von Behinderung vgl. auch Welti, F., Behinderung und Rehabilitation im sozialen Rechtsstaat, Tübingen 2009, S. 381 ff.
33.     Art. 3 d) BRK.
34.     Art. 3 b) BRK.
35.     Art. 3 e) BRK.
36.     Art. 3 c) BRK.
37.    Art. 3 f) BRK.
38.    Quinn, G./Degener, T. et. al., Human rights and disability: The current use and future potential of United Nations human rights instruments in the context of disability, OHCHR, United Nations, New York/Geneva, 2002.
39.    Degener, T., Antidiskriminierungsrechte für Behinderte: Ein globaler Überblick, in: ZaöRV 65, 2005, 887–935.
40.     Waddington, L., in: Schiek, D./Waddington, L./Bell, M., Cases, Materials and Text on National, Supranational and International Non-Discrimination Law, 2007, S. 629 ff.
41.    Art. 2 BRK.
42.    Art. 5 Abs. 3 BRK: Zur Förderung der Gleichberechtigung und zur Beseitigung von Diskriminierung unternehmen die Vertragsstaaten alle geeigneten Schritte, um die Bereitstellung angemessener Vorkehrungen zu gewährleisten.“
43.    Art. 3 g) BRK.
44.    Art. 3 h) BRK.
45.    Da behinderten Kindern mit Art. 23 der Kinderrechtskonvention (KRK) ein eigenständiger Artikel   gewidmet ist, tendierten die Mitgliedsstaaten der KRK in der Vergangenheit dazu, nur diesen auf behinderte Kinder anzuwenden. Der Kinderrechtsausschuss stellt in seinem Allgemeinen Kommentar Nr. 9 aus dem Jahre 2006 klar, dass die gesamte KRK auf behinderte Kinder anwendbar ist. Vgl. Committee on the Rights of the Child, General Comment, No 9, 2006, The rights of children with disabilities, CRC/C/GC/9 of 27, February 2007.
46.    Z.B. in dem für diese Gruppen so wichtigen Artikel 16 (Freiheit von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch).
47.    Aichele, V., Die UN-Behindertenrechtskonvention und ihr Fakultativprotokoll: Ein Beitrag zur Ratifizierungsdebatte, Deutsches Institut für Menschenrechte, Berlin 2008, S. 6.
48.    Art. 4 Abs. 1 lit. e) BRK, dazu oben S. 10, sowie United Nations/Inter-Parliamentary Union (UN/IUP): From Exclusion to Equality: realizing the rights of persons with disabilities. Handbook for Parliamentarians on the Convention on the rights of Persons with Disabilities, Geneva 2007, S. 18; Schmahl, S., Menschen mit Behinderungen im Spiegel des internationalen Menschenrechtsschutzes, in: ARV 45, 2007, S. 517–540 (529).
49.    Art. 4 Abs. 1 lit. c) BRK.
50.    Präambel lit. g) BRK; vgl. zum Begriff Grüber, K., Disability Mainstreaming, IMEW konkret Nr. 10, Dezember 2007, Online Version, www.imew.de/index.php (aufgerufen 10.05.2009).
51.    Art. 8 Abs.1 lit. b) BRK.
52.    Art. 8 Abs. 2 lit. c) BRK.
53.    Zum Innovationspotenzial vgl. Bielefeld, H., 2006, vgl. Anm. 22; zu der Unterscheidung zwischen subjektiven Rechten und objektiven Pflichten und Prinzipien vgl. United Nations/Interparliamentary Union, 2007, a.a.O., Anm. 48, S. 14 ff.
54.    UN/IUP (2007) a.a.O., Anm. 48, S. 15 f.
55.    Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte; Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte.
56.    Zur Entstehungsgeschichte vgl. Degener und Bernstorff a.a.O., vgl. Anm. 28.
57.    Dazu Klein, E./Menke, C. (Hrsg.), Universalität – Schutzmechanismen – Diskriminierungsverbote: 15 Jahre Wiener Weltmenschenrechtskonferenz, Berlin 2008.
58.    Quinn/Degener, a.a.O., Anm. 38, S. 12.
59.    Art. 32 BRK.
60.    UN A/Res/55/2 18 September 2000.
61.    UN (2006): Enable Fact sheet www.unmillenium,project.org (Aufruf 17.03.2008).
62.    Braithwaite, J./Mont, D., Disability and Poverty. A Survey of World Bank Poverty Assessments and Implications, SP Discussion Paper No 0805, The World Bank, February 2008; World Bank: Social Analysis and Disability: A Guidance Note. Incorporating Disability-Inclusive Development into Bank-Supported Projects. Social Development Department in Partnership with the Human Development Network`s Social Protection, Disability & Development Team, Washington, March 2007; European Commission: Guidance Note on Disability and Development, 2004 ec.europa.eu/development/body/publications/docs/Disability_en.pdf (Aufruf 15.3.2008); GTZ (Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit) Behinderung und Entwicklung. Ein Beitrag zur Stärkung der Belange von Menschen mit Behinderungen in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, Politikpapier, Eschborn, 2006.
63.    http://web.worldbank.org/WBSITE/EXTERNAL/TOPICS/EXTSOCIALPROTECTION/EXTDISABILITY/0,,contentMDK:21036173~pagePK:210058~piPK:210062~theSitePK:282699,00.html (Aufruf 15.5. 2009).
64.    United Nations Economic and Social Council (UN ECOSOC) (2007): Commission for Social Development 46th Session, 6–15 February 2008. Mainstreaming disability in the development agenda. Note by the Secretariat, E/CN.5/2008/6 of 23 November 2007 www.un.org/disabilities/documents/reports/e-cn5-2008-6.doc (Aufruf 11.9.2008).
65.    http://www2.ohchr.org/ (05.05.2009).
66.    Art. 34–39 BRK.
67.    Dazu Schöpp-Schilling, B., Möglichkeiten der Effektuierung des vertragsbasierten Menschenrechtsschutzes, in: Klein/Menke, a.a.O., Anm. 57, S. 143 ff. und Klein, E., Zur Effektuierung des vertragsbasierten Menschenrechtsschutzes – Kommentar, in: ebd., S. 159 ff.
68.    Etwa hinsichtlich der Erstellung der Staatenberichte, die nun leichter aber auch transparenter zu erstellen sind (Art. 35 Abs. 4 BRK), oder bezüglich der Überprüfung der Staaten, die keine Berichte vorlegen (Art. 36 Abs. 2 BRK), oder hinsichtlich der Einbeziehung der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen (Art. 36 Abs. 5 BRK).
69.    Art. 40 BRK.
70.    Art. 34 Abs. 5 BRK.
71.    Art. 47 BRK.
72.    Art. 33 BRK.
73.    Dabei handelt es sich um Richtlinien hinsichtlich der Errichtung nationaler Menschenrechtsinstitutionen und der Wahrung ihrer Unabhängigkeit. Anhang der UN-Resolution UN Doc. A/RES/48/134 vom 20. Dezember 1993.
74.    Müller, A./Seidensticker, F., Handbook: The Role of National Human Rights Institutions in the United Nations Treaty Body Process, Berlin: German Institute for Human Rights, December 2007, S. 33, Anm. 77.
75.    www.nhri.net (Aufruf 05.05.2009).
76.    International Coordination Committee, Zur Rolle der NMRI vgl. Aichele, V., Nationale Menschenrechtsinstitutionen, Frankfurt am Main 2004.
77.    Vgl. den Nationalen Präventionsmechanismus nach Art. 3 des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe.
78.    Art. 4 Abs. 3 BRK.
79.    Art. 33 Abs. 3 BRK.
80.    Art. 1 FP, BRK.
81.    Art. 6 FP, BRK.
82.    UN Doc. A/RES/63/117 vom 10. Dezember 2008.
83.    Schneider, J., Die Justiziabilität wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Menschenrechte, Deutsches Institut für Menschenrechte, Berlin, Februar 2004.
84.    Insbesondere behinderte Gefangene betreffend, Quinn/Degener, a.a.O., Anm. 38 S. 48 ff.
85.    Art. 8 FP zum Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau.
86.    Art. 11 FP zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe.
87.    BT-Drs 16/10808 vom 8.11.2008.
88.    BGBl. II 2008, S.1419.
89.    In der 106. Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am 24. November 2008, vgl. dazu Ausschussdrucksache 16(11)1186 vom 21.11.2008.
90.    Die mit Liechtenstein, Österreich und der Schweiz abgestimmt wurde.
91.    http://www.netzwerk-artikel-3.de/dokum/schattenuebersetzung-un-konvention.pdf (aufgerufen am 20.11. 2008).
92.    Es gibt sechs authentische Sprachfassungen: englisch, französisch, arabisch, chinesisch, russisch und spanisch, vgl. Art. 50 BRK und Art. 18 FP.
93.    Während die Plenarsitzungen von 10–18 Uhr in der Regel mit Simultanübersetzungen in den sechs UN-Sprachen stattfanden, wurde davor und danach, sowie während der oft gleichzeitig stattfindenden informellen Zusammenkünften, die durch Fazilitatoren zur Klärung von Einzelfragen geleitet wurden, auf englisch kommuniziert. Zur Frage der besonderen Bedeutung der faktischen Verhandlungssprache vgl. Latham/Watkins, Völkerrechtliche Fragen des Inklusiven Unterrichts in Deutschland im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, Gutachten erstellt für die Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeinsam leben – gemeinsam lernen e.V., April 2009, Manuskript, S. 4 m.w.N.
94.    Vgl. BT-Drs 16/11234 vom 3.12.2008.
95.    Gem. 45 Abs. 1 BRK und Art. 13 Abs. 2 FP BRK nach Hinterlegung der zwanzigsten bzw. zehnten Ratifikationsurkunde.
96.    Gem. Art. 45 Abs. 2 BRK dreißig Tage nach der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde.
97.    Vgl. Anm. 88.
98.    Aichele, a.a.O., Anm. 26, S. 15.
99.    Das DIMR wurde erst 2001 eingerichtet, während in anderen Ländern, wie z.B. Kanada, Südafrika oder Neuseeland nationale Menschenrechtsinstitute bereits seit Jahrzehnten bestehen.
100.    Degener, T., Welche legislativen Herausforderungen bestehen in Bezug auf die nationale Implementierung der UNBehindertenrechtskonvention in Bund und Ländern? Br 02/2009 S. 34–51; Poscher, R./Rux, J./Langer, T., Von der Integration zur Inklusion: Das Recht auf Bildung aus der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen und seine innerstaatliche Umsetzung, Baden-Baden 2008; Kaleck, W./Hilbrans, S./Scharmer, S., Gutachterliche Stellungnahme: Ratifikation der UN Disability Convention vom 30.03.2007 und Auswirkung auf die Gesetze für so genannte psychisch Kranke am Beispiel der Zwangsunterbringung und Zwangsbehandlung nach dem PsychKG, Berlin 2007 (Manuskript).
101.    Vgl. bereits Degener, a.a.O., Anm. 28.
102.    Art. 17 (2) (a) Draft comprehensive and integral international convention on the protection and promotion of the rights and dignity of persons with disabilities, Report of the Working Group to the Ad Hoc Committee A/ AC.265/2004/WG.1 of 27 January 2004.
103.    Die von Poscher et. al. vertretene Ansicht, dass lediglich die Inklusion von 80–90 % aller behinderter Schüler und Schülerinnen durch die BRK bezweckt sei, kann allerdings nicht gefolgt werden. Vgl. Poscher, R. et. al., a.a.O., Anm. 99, S. 27 f. Es wurde während der Verhandlungen des Ad-Hoc-Ausschusses in New York absichtlich vermieden, eine statistische Grenze zu nennen. Das Handbuch für Parlamentarier und Parlamentarierinnen, das nach dem Abschluss der Verhandlungen von den Vereinten Nationen und der Interparlamentarischen Union herausgegeben wurde, nennt diese Zahl nicht als Grenze, sondern als Erfahrungswert für einfache Inklusion. Vgl. United Nations, a.a.O., Anm. 48, S. 85.
104.    UNESCO (Hrsg.), Die Salamanca Erklärung über Prinzipien, Politik und Praxis der Pädagogik für besondere Bedürfnisse, www.unesco.at/user/texte/salmanca.htm (aufgerufen am 15.10.2007).
105.    Übersicht bei Motakef, M., Das Menschenrecht auf Bildung und der Schutz vor Diskriminierung: Exklusionsrisiken und Inklusionschancen, Deutsches Institut für Menschenrechte, Berlin 2006, S. 12 ff.; für das Europäische Recht vgl. Langenfeld, C., Das Recht auf Bildung in der Europäischen Menschenrechtskonvention, RdJB 2007, S. 412–429.
106.    Report of the Special Rapporteur Katarina Tomasevski, submitted pursuant to Commission on Human Rights resolution 2002/23, E/CN.4/2003/913 December 2002, Abs. 25–27.
107.    Art. 1 Abs. 1 c) und d) UNESCO-Konvention.
108.    Art. 2 UNESCO-Konvention.
109.    Committee on Economic, Social and Cultural Rights: General Comment No. 13 The right to education, E/C.12/1999/10 of 8 December 1999, para. 6.
110.    Degener/Koster-Dreese, a.a.O., Anm.7, S. 28 ff.
111.    Regel 6 der UN-Rahmenbestimmungen, a.a.O., vgl. Anm. 14.
112.    Committee on Economic, Social and Cultural Rights: General Comment No. 5 Persons with disabilities 09/12/94, para 35.
113.    Committee on the Rights of the Child: Recommendation „Children with Disabilities“, para 335, www.unhchr.ch/html/menu2/6/crc/doc/days/disabled.pdf (Aufruf 25.09.2007).
114.    Committee on the Rights of the Child: General Comment No. 9 (2006) The rights of children with disabilities, CRC/C/GC/9 of 27 February 2007, para 67.
115.    Report of the special rapporteur on the right to education, Vernor Munoz, Addendum, Mission to Germany (13–21 Februar 2006), UN Doc. A/HRC/4/29/Add.3 9 March 2007.
116.    Rosenberger, M. (Hrsg.), Schule ohne Aussonderung, Neuwied/Berlin 1998; Heyer, P./Sack, L./Preuss-Lausitz, U. (Hrsg.) Länger gemeinsam lernen: Positionen – Forschungsergebnisse – Beispiele, Frankfurt a.M. 2003.
117.    Muñoz, a.a.O., Anm. 114, para 75–82, zu den Folgen des Besuches vgl. Overwien, B./Prengel, A. (Hrsg.) Recht auf Bildung: Zum Besuch des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen in Deutschland, Opladen & Farmington Hills 2007.
118.    Dazu der Beitrag von Johannes Rux in dieser Ausgabe.
119.    Denkschrift der Bundesregierung zum Entwurf des Ratifikationsgesetzes S. 58 rechte Spalte (i.d.F. Bundesrats- Drucksache 760/08)
120.    Craven, M., The International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights. A Perspective on its Development, Oxford 1998, S. 153 ff; Committee on Economic, Social and Cultural Rights, General Comment No 3: The nature of States Parties obligations (Art. 2 par. 1). www.unhchr.ch/tbs/doc.nsf/(Symbol)/94bdbaf59b43a424c12563ed0052b664 (05.05.2009) Latham/Watkins, a.a.O., Anm. 92, S. 24 ff; Schneider, a.a.O., vgl. Anm. 83, S. 31.
121.    BVerfG, Beschl. v. 8.10.1997, NJW 1989, S.131 (133).
122.    BVerfG (1997) a.a.O. Anm. 120, S. 133.
123.    Dazu Degener Welche legislativen Herausforderungen bestehen in Bezug auf die nationale Implementierung der UN-Behindertenrechtskonvention in Bund und Ländern? in: Behindertenrecht 02, 2009, S. 34–52; Degener, T., Zur Erforderlichkeit der Ausdifferenzierung des Diskriminierungsverbot, in: Klein, E./Menke, C. (Hrsg.) Universalität – Schutzmechanismen – Diskriminierungsverbote, Menschenrechtszentrums der Universität Potsdam Band 30, Berlin, S. 373–395.
124.    Vgl. oben S. 10.
125.    Art. 5 RL 2000/78/EG Abl. 2000 L 303/16.
126.    Degener, T./Dern S./Dieball, H./Frings, D./Oberlies, D./Zinsmeister, J., Antidiskriminierungsrecht: Handbuch für Lehre und Beratungspraxis: Mit Lösungsbeispielen für typische Fallkonstellationen, Frankfurt a.M. 2008, S. 78 ff. und S. 372, zur mangelhaften Umsetzung der EU Rahmenrichtlinie im AGG zu dieser Frage auch Schiek, D. (Hrsg.), Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG): Ein Kommentar aus europäischer Perspektive, Sellier, European Law 2007, § 3 Rn.79.
127.    Dazu Degener, a.a.O., Anm. 39; Waddington, L. in: Schiek, D./Waddington, L./Bell, M. (Hrsg.), Cases, Materials and Text on National, Supranational and International Non-Discrimination Law, Oxford/Portland/Oregon 2007, S. 629 ff.
128.    Nach Mitteilung des Bundesministers für Arbeit und Soziales, Olaf Scholz, auf der ersten nationalen Bildungskonferenz zur Umsetzung des Art. 24 BRK am 6. und 7. Juni in Berlin, beträgt die aktuelle Integrationsquote 15,7 %
www.bmas.de/coremedia/generator/33220/2009__05__06__scholz__vereint__fuer__gemeinsame__bildung. html (Aufruf 12.05. 2009).
129.    Decision of 13 November 2007 Application No 57325/00 cmiskp.echr.coe.int/tkp197/view.asp (Aufruf 05/05/2009).
130.    Art. 17 Abs. 2 und Abschnitt E, bzw. Art. 15 Abs.2 ESC
131.    Autism Europe v. France, Complaint No 13/2002, Decision of 4 November 2003; Mental Disability Advocacy Center v. Bulgaria, Complaint No 41/2007 Decision of 13 October 2008 www.coe.int/t/dghl/monitoring/socialcharter/complaints/CC41Merits_en.pdf  (05/05/2009).