Rollenkarte: Mitarbeiter medizinischer Fachdienst, Detlef Hase
Vorbereitung
Lest eure Rollenkarte und erarbeitet euch eure Rolle. Dazu habt ihr 15 Minuten Zeit.
In dieser Zeit sollt ihr auch eine Sprecherin oder einen Sprecher wählen. Diese Person nimmt später in der Talkshow die Rolle als Detlef Hase ein. Alle anderen spielen das Publikum.
Das Ziel für die Arbeit in eurer Kleingruppe ist:
- die Einarbeitung in die Rolle: Wer sind wir?
- die Einarbeitung in die Situation: Worum geht es eigentlich?
- die Ausarbeitung einer Strategie: Was wollen wir und wie bekommen wir das argumentativ hin?
- das Formulieren eines kurzen Eingangsstatements: Wie sagen wir das, was wir wollen, damit es überzeugend und gut verständlich ist?
Ein Tipp: Die Rolle ist unten nur sehr kurz beschrieben. Ihr dürft sie mit persönlichen Details, eigenen Beispielen zu den Argumenten oder Erfahrungen ausschmücken. Es darf also erfunden werden, aber ihr sollt nur solche Dinge ergänzen, die glaubwürdig sind und die den Standpunkt der Person nicht grundsätzlich verändern.
Nach den 15 Minuten Vorbereitungszeit in der Kleingruppe versammeln sich alle Sprecherinnen und Sprecher um einen Tisch. Die anderen der Gruppe bilden das Publikum. Jeder Sprecher, jede Sprecherin hat zwei Minuten Zeit, um seine oder ihre Position deutlich zu machen. Danach können alle Talkshow-Gäste miteinander diskutieren. Diese Diskussion dauert ungefähr 20 Minuten.
Nach der Talkshow werten alle gemeinsam die Diskussion aus, dabei ist auch das Publikum gefragt. Die Auswertung wird vom Organisationsteam geleitet. Es berichtet zu Beginn, was es gesehen und gehört hat:
- Welche Formen des Schulbesuchs wurden vorgeschlagen?
- Mit welchen Argumenten wurden die Vorschläge begründet?
Eure Rolle: Detlef Hase, Medizinischer Fachdienst (Experte 1)
Detlef Hase ist der Ansicht, dass Mediziner und Medizinerinnen am besten entscheiden können, was gut für einen Menschen mit einer Behinderung ist und was nicht. Schließlich sei eine Behinderung ein medizinisches Problem. Wenn jemand eine Behinderung hat, muss man sich um ihn oder sie kümmern und für ihn oder sie die offensichtlich richtigen Entscheidungen treffen. Man muss auf die Person aufpassen und sich um sie sorgen. Dass ein Mensch mit Behinderung, in diesem Fall Klara, eine kleine Schrift nicht lesen kann, liegt ja nicht an der Schrift, sondern an Klara und ihrem Defizit. Oder dass ein Rollstuhlfahrer nicht in ein Haus mit Treppen kommt, liegt ja nicht an den Treppen. Detlef Hase meint: "Man kann ja nicht die ganze Welt für Menschen mit Behinderungen umbauen!"
Als Experte denkt Herr Hase auch an das große Ganze, also das Wohl der "normalen" Leute. Bevor man für Millionen Euro jedes Haus und jede Situation anpasst, sollte man lieber einige Spezialhäuser bauen – zum Beispiel Kliniken und spezielle Schulen. Die sind dann ohne Treppen und nutzen große Schrift – also bestens geeignet für Menschen mit Behinderungen. Seiner Meinung nach sollte Klara deshalb in das Förderzentrum gehen. Detlef Hase teilt die Meinung der Schuldirektorin und des Sozialamts.
Als Mediziner schaut er nach Anhaltspunkten, ob bei Klara eine Behinderung vorliegt. Das steht so im Gesetz. Das Gesetz legt fest, ob ein Mensch behindert ist oder nicht. Eine Behinderung ist ein persönliches körperliches oder seelisches Problem. So steht es im Sozialgesetzbuch und auch im Behindertengleichstellungsgesetz. Je nachdem, wie schwer jemand behindert ist, bekommt er oder sie bestimmte Leistungen vom Staat. Meistens sind das sogenannte Sachleistungen. Zum Beispiel Geld für einen speziellen Kinderwagen, für eine Frühförderung oder für einen Heimplatz beziehungsweise für den Besuch eines Förderzentrums. Im Fall von Klara wären die folgenden Sachleistungen notwendig:
- die Schulbehörde bezahlt den Schulplatz im Förderzentrum,
- das Sozialamt bezahlt den Internatsplatz (Übernachtung, Verpflegung, Betreuung).
Hintergrundinformation
Wenn eine Behinderung als rein medizinisches Problem betrachtet wird, ist sie vor allem eine krankhafte Störung. Nicht die Menschen mit Behinderung selbst, sondern Ärztinnen und Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger oder Eltern sagen dann, was gut für sie ist. Weil Behinderung in dieser Sichtweise eine Krankheit ist, werden Menschen mit Behinderungen bemitleidet und als nicht vollständig gesehen. Denn ihnen fehlt ja etwas: ein Arm, ein Bein, die Fähigkeit zu laufen, zu sehen oder eigene Entscheidungen treffen zu können. Deshalb werden Behinderte auch häufig nicht so ernst genommen.
Ausschnitt aus dem Behindertengleichstellungsgesetz
Als Unterstützung für seine Argumente kann Detlef Hase einen Ausschnitt aus dem Behindertengleichstellungsgesetz von 2002 vorlesen:
"Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist." (1)
Aus medizinischer Sicht ist Klara also eindeutig behindert. Sie wird ihr Leben lang Probleme mit dem Sehen haben und es ist sehr wahrscheinlich, dass sie irgendwann gar nichts mehr sehen kann, also blind ist. Ihr Leben in der Gesellschaft ist dadurch beeinträchtigt.
Euer Auftrag:
Lest den Text und arbeitet euch in die Rolle ein. Was möchtest du, Detlef Hase, Mitarbeiter des Medizinischen Fachdienstes?
Formuliert ein kurzes Eingangsstatement. Dabei helfen euch folgende Fragen:
- Was für einen Schulbesuch schlägt Detlef Hase für Klara vor?
- Welche Argumente hat er für seinen Vorschlag?
- Wer soll seiner Meinung nach die Entscheidung über den Schulbesuch treffen?
- Wie beschreibt Herr Hase "Behinderung"?
Diskussionsregeln
Haltet euch während der Talkshow an diese Diskussionsregeln:
- Alle Diskussionsteilnehmenden dürfen ausreden.
- Beleidigungen und diskriminierende Ausdrücke werden vermieden.
- Fasse dich kurz. Schweife nicht ab und wiederhole dich nicht unnötig
Quelle:
(1) §3 Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (BGG)