Das Kind kennenlernen – ICH-Seiten, Karten und Fragen

von Stefan Doose

"Wir müssen der Diagnose ihre eigentliche Funktion wiedergeben –
Menschen kennenzulernen."
Andrea Canevaro

Kennenlernen

Der Ausgangspunkt für personenzentriertes Denken und eine Persönliche Zukunftsplanung ist es, das Kind bzw. die planende Person kennenzulernen. Kennenlernen sollte dabei immer ein wechselseitiger Prozess sein, es geht um Begegnung und Austausch. Dabei sollte ein lebendiges Bild der Person, ihrer Vorlieben und Abneigungen, ihrer Stärken und Fähigkeiten, ihrer Interessen und Kenntnisse sowie ihrer Lebenssituation entstehen, das entwicklungsoffen ist.

Mich und meine Welt beschreiben

Die eigenen Fähigkeiten zu erkunden und weiterzuentwickeln, Neues zu lernen, neue, wertgeschätzte Rollen in verschiedenen Lebensbereichen einzunehmen (zum Beispiel Vorschulkind, Fußballstürmerin oder Verantwortlicher für eine Pflanze im Kindergarten), ist wichtig. Persönliche Zukunftsplanung ist ein stärkenorientierter Ansatz. Neue Möglichkeiten ergeben sich, wenn man weiß, was eine Person kann und interessiert. Gute Voraussetzungen für die Herausbildung eines positiven Selbst-Bewusstseins sind, sich selbst beschreiben zu können, gesehen zu werden und im Dialog mit einem Gegenüber zu sein, das an mir und meiner Entwicklung interessiert ist. Kinder und Erwachsene brauchen dazu andere Menschen, die wertschätzend mit ihnen umgehen und sie ernst nehmen.
Einige methodische Ideen, wie ein Kennenlernen des Kindes und seiner Welt erfolgen kann:

ICH-Seiten

Die ICH-Seiten sind Arbeitsblätter, auf denen ein Kind über sich und seine Beziehungen Auskunft geben kann. Ich-Seiten können auch Bestandteil eines Portfolios oder ICH-Buches sein, in dem die Entwicklung eines Kindes dokumentiert werden kann. Themen-Beispiele für ICH-Seiten sind:

  • Wer bin ich? (Steckbrief)
  • Was mag ich?
  • Was kann ich gut?
  • Meine Gruppe
  • Meine Familie
  • Meine Orte, an denen ich gerne bin

ICH-Seiten können natürlich auch als ICH-Plakate (PDF, KB, nicht barrierefrei)  gestaltet werden.

Familienbuch

Das Familienbuch ist eine Zusammenstellung von Fotos der Familie, das die Kinder mit in die Krippe oder den Kindergarten bekommen. Diese Familienbücher sind für die Kinder zugänglich und so können sie ihre Familien zeigen und sich auch mal damit trösten.
In der Rechten Spalte finden Sie weitere Informationen über Familienbücher mit Beispielen.

Gesprächsanlässe: "Frag mich", Kartensets

Das Buch "Frag mich" von Antje Damm bietet 104 Fragen mit Bildern, um mit Kindern ins Gespräch zu kommen.

Die Lebensstilkarten sind ein Kartenset der Persönlichen Zukunftsplanung. Sie dienen dazu, in einen Austausch zu kommen und einander anhand ungewöhnlicher Fragen kennenzulernen. Ursprünglich wurden sie, wie alle Kartensets der Zukunftsplanung, von "New Hats" in Salt Lake City für Jugendliche und Erwachsene mit Lernschwierigkeiten entwickelt. Aber auch Personen ohne Lernschwierigkeiten können sich mit diesen Karten auf ungewöhnliche Weise kennenlernen, und einige der Fragen können auch Kinder gut beantworten. In der Rechten Spalte finden Sie eine Auswahl der Karten mit Themen, die vielleicht auch mit Kindern genutzt werden können.

Die "Hutkarten" dienen dazu, über die eigenen Fähigkeiten ins Gespräch zu kommen. Wie in einem Hutgeschäft überlegt man, ob einem der Hut passt ("Ein Gartenmensch bin ich"), man ihn gerne ausprobieren möchte ("Sänger wäre auch nicht schlecht"), oder der Hut gar nicht passt ("Bedenkenträgerin will ich nicht sein"). In der Rechten Spalte finden Sie wieder eine Auswahl einiger Karten.

Die Traumkarten sind ein weiteres Kartenset der Persönlichen Zukunftsplanung, bei denen es um kleine und große Wünsche und Träume geht. Dieses Kartenset wurde ursprünglich für ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit oder ohne Lernschwierigkeiten entwickelt. In der Rechten Spalte finden Sie eine Auswahl von Karten, die auch mit Kindern genutzt werden können.

Die vollständigen Kartensets ebenso wie die Broschüre "I want my dream" mit umfangreichem Materialteil zum Thema Persönliche Zukunftsplanung von Stefan Doose erhalten Sie auf der Website "Persönliche Zukunftsplanung" von "Mensch zuerst" in Kassel. In der Broschüre wird auch die Verwendung der Kartensets erläutert. Den Textteil der Broschüre (ohne Materialien), in dem es eine Einführung in Persönliche Zukunftsplanung für Menschen mit Lernschwierigkeiten gibt, finden Sie in der Rechten Spalte zum Download.

Jugendlichen mit Lernschwierigkeiten bietet außerdem die Broschüre mit DVD "Talente" der Hamburger Arbeitsassistenz sehr empfehlenswerte Kartensets und Materialien zur Zukunftsplanung in der beruflichen Orientierung.

Körperumriss – Persönliches Profilbild

Ein Körperumriss auf einer großen Papierrolle kann gut für ein Persönliches Profilbild genutzt werden. In den Körperumriss können die eigenen Stärken und Fähigkeiten, Wünsche und Träume gemalt und geschrieben werden. In Kombination mit den Kartensets können passende Karten mit Fähigkeiten, wichtigen Dingen im Leben oder Wünschen und Träumen in das Profilbild geklebt werden. So wird deutlich, was alles in der Person steckt.

Zukunftsplaner

In dem Buch "Käpt’n Life und seine Crew. Ein Planungsbuch zur Persönlichen Zukunftsplanung" von Stefan Doose, Susanne Göbel und Carolin Emrich wird anhand der Geschichte eines Kapitäns in Leichter Sprache erklärt, was Persönliche Zukunftsplanung ist. Es gibt zahlreiche Übungen, die dazu dienen, über sich und seine Ziele nachzudenken.

Einander Kennenlernen und persönliche Informationen als Ausgangspunkte für eine Persönliche Zukunftsplanung

Hier einige Ideen, wie Sie die planende Person kennenlernen können, miteinander ins Gespräch kommen und wie sich die Person anderen vorstellen kann:

  • Mehrere Ideen finden Sie unter Methoden personenzentrierten Denkens
  • Unter "Was andere an mir schätzen und mögen" gibt es viele kreative Methoden, um wertschätzende Rückmeldung von anderen zu erhalten oder selbst für andere auszudrücken.
  • Eine gute Methode, um personenzentrierte Informationen zusammenzustellen, ist "Eine Seite über mich".
  • Die persönlichen Informationen zur Vorstellung einer Person können zum Beispiel zum ersten Treffen des Unterstützungskreises für eine Persönliche Zukunftsplanung mitgebracht werden. Ob Kind, Jugendliche, Jugendlicher, Erwachsene oder Erwachsener - für jede planende Person können so Wege gefunden werden, wie sie anderen bedeutsame persönliche Informationen über sich präsentieren kann. Mehr über die Funktion und Gestaltung von Unterstützungskreisen erfahren Sie unter Unterstützungskreise.
  • Beim MAP-Prozess geht es darum, im Unterstützungskreis die Geschichte der Person, ihre Träume und Albträume sowie ihre Gaben zu erkunden, um dann zu sehen, was sie benötigt, um ihre Gaben in die Gemeinschaft einbringen zu können. Dieser Prozess wird unter MAP erläutert. Die Aktivitäten aus diesem Abschnitt können eine gute Vorbereitung dafür sein.

Passgenaue, personenzentrierte Unterstützung können wir nur leisten, wenn wir ein lebendiges Bild von der Person mit ihren Stärken und Fähigkeiten, Interessen und Zielen, Wünschen und Träumen haben.

Weitere Informationen und Materialien zum Thema Persönliche Zukunftsplanung finden Sie außerdem auf der Website „Persönliche Zukunftsplanung“.

Vertiefende Literatur zum Thema:

Antje Borstelmann (Hrsg.) (2007): Das Portfolio-Konzept für Kita und Kindergarten. Mühlheim an der Ruhr: Verlag an der Ruhr.

Antje Damm (2004): Frag mich. 108 Fragen an Kinder, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Frankfurt am Main: Moritz-Verlag.

Stefan Doose (2011): „I want my dream!“ Persönliche Zukunftsplanung. Neue Perspektiven und Methoden einer personenzentrierten Plaanung mit Menschen mit Behinderungen. Broschüre mit Materialienteil. 9. überarbeitete Auflage Kassel: Mensch zuerst. Verfügbar auf der Website „Persönliche Zukunftsplanung“.

Stefan Doose, Carolin Emrich, Susanne Göbel (2004): Käpt’n Life und seine Crew. Ein Planungsbuch zur Persönlichen Zukunftsplanung. Zeichnungen von Tanay Oral. Kassel: Netzwerk People First Deutschland.

Hamburger Arbeitsassistenz (2008): talente. Ein Angebot zur Förderung von Frauen mit Lernschwierigkeiten im Prozess beruflicher Orientierung und Qualifizierung. Theoretische Grundlagen, Projektbeschreibung, Methoden, Materialien, Filme, Begleit-DVD. Hamburg: Hamburger Arbeitsassistenz.