Rollenkarte: Erwin Wiese, Experte in eigener Sache

Vorbereitung

Lest eure Rollenkarte und erarbeitet euch eure Rolle. Dazu habt ihr 15 Minuten Zeit.
In dieser Zeit sollt ihr auch eine Sprecherin oder einen Sprecher wählen. Diese Person nimmt später in der Talkshow die Rolle als Mensch mit Behinderung ein. Alle anderen spielen das Publikum.

Das Ziel für die Arbeit in eurer Kleingruppe ist:

  • die Einarbeitung in die Rolle: Wer sind wir?
  • die Einarbeitung in die Situation: Worum geht es eigentlich? 
  • die Ausarbeitung einer Strategie: Was wollen wir und wie bekommen wir das argumentativ hin?
  • das Formulieren eines kurzen Eingangsstatements: Wie sagen wir das, was wir wollen, damit es überzeugend und gut verständlich ist?


Ein Tipp: Die Rolle ist unten nur sehr kurz beschrieben. Ihr dürft sie mit persönlichen Details, eigenen Beispielen zu den Argumenten oder Erfahrungen ausschmücken. Es darf also erfunden werden, aber ihr sollt nur solche Dinge ergänzen, die glaubwürdig sind und die den Standpunkt der Person nicht grundsätzlich verändern.

Nach den 15 Minuten Vorbereitungszeit in der Kleingruppe versammeln sich alle Sprecherinnen und Sprecher um einen Tisch. Die anderen der Gruppe bilden das Publikum. Jeder Sprecher, jede Sprecherin hat zwei Minuten Zeit, um seine oder ihre Position deutlich zu machen. Danach können alle Talkshow-Gäste miteinander diskutieren. Diese Diskussion dauert ungefähr 20 Minuten.

Nach der Talkshow werten alle gemeinsam die Diskussion aus, dabei ist auch das Publikum gefragt. Die Auswertung wird vom Organisationsteam geleitet. Es berichtet zu Beginn, was es gesehen und gehört hat:

  • Welche Formen des Schulbesuchs wurden vorgeschlagen?
  • Mit welchen Argumenten wurden die Vorschläge begründet?

 

Eure Rolle: Erwin Wiese, Experte in eigener Sache (Experte 3)

Als Mensch mit einer Behinderung findet es Herr Wiese eine Frechheit, dass überhaupt jemand daher kommen kann und sagen will, was für Menschen mit Behinderungen gut ist und was nicht. Das wissen die Menschen mit Behinderung - und so auch Klara - ja wohl selbst am besten. Auch Kinder können schon ganz genau sagen, was sie möchten. Nur weil Klara schlecht sehen kann, heißt das noch lange nicht, dass sie schlecht denken oder nicht für sich sprechen kann. Für Erwin Wiese gilt immer das Motto aus der Behindertenselbsthilfe-Bewegung: "Nichts über uns ohne uns." Menschen mit Behinderungen wissen ganz genau, was sie brauchen und können das auch äußern.

Menschen mit Behinderungen werden seit Jahrhunderten diskriminiert, weggesperrt oder sogar getötet. Sie denken auch seit Jahrhunderten, es sei ihre Schuld, wenn sie nicht ernst genommen werden. Aber das stimmt nicht – sie werden von ihrer Umwelt, von den Menschen um sie herum nicht ernst genommen, durch die Bauweise von Gebäuden behindert und von Veranstaltungen ausgeschlossen. Erwin Wiese ist deshalb auch ganz und gar nicht mit der medizinischen Sicht auf Behinderung einverstanden.

Herr Wiese hat selbst eine Assistenz, also eine Person, die ihn unterstützt. Sie kommt für ein paar Stunden in der Woche zu ihm und mit ihr kann er voll am Leben teilhaben und alles selbst bestimmen. Erwin Wiese wäre froh gewesen, wenn er als Kind auch schon eine solche Unterstützung gehabt hätte. Dann hätte er mit den Kindern aus der Nachbarschaft in die Schule gehen können. Stattdessen musste er in eine Sonderschule gehen. Und er musste auch dort übernachten, weil die Schule zu weit weg war von zu Hause. Nur an den Wochenenden nach Hause zu kommen, war nicht schön.

Die Behinderung von Erwin Wiese heißt Muskeldystrophie oder auch Muskelschwund. Die Muskeln im ganzen Körper werden immer schwächer. Deswegen braucht er einen Rollstuhl und findet es oft auch schwierig, mit Schmerzen oder ständigen Veränderungen seiner Situation umzugehen. Seiner Meinung nach sollten die Menschen und die Gebäude um ihn herum ihn nicht noch zusätzlich behindern. 

Ausschnitt aus dem Sozialgesetzbuch

Als Unterstützung für seine Argumente kann Herr Wiese einen Ausschnitt aus dem Sozialgesetzbuch vorlesen:

"Behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen erhalten Leistungen nach diesem Buch und den für die Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen, um ihre Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken. Dabei wird den besonderen Bedürfnissen behinderter und von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder Rechnung getragen." (3)  

Euer Auftrag:

Lest den Text und arbeitet euch in die Rolle ein. Was möchtest du, Erwin Wiese, als Mensch mit Behinderung?

Formuliert ein kurzes Eingangsstatement. Dabei helfen euch folgende Fragen:

  • Was für einen Schulbesuch schlägt er für Klara vor?
  • Welche Argumente hat er für seinen Vorschlag? 
  • Wer soll seiner Meinung nach die Entscheidung über den Schulbesuch treffen?
  • Wie beschreibt Erwin Wiese "Behinderung"?

 

Diskussionsregeln

Haltet euch während der Talkshow an diese Diskussionsregeln:

  • Alle Diskussionsteilnehmenden dürfen ausreden.
  • Beleidigungen und diskriminierende Ausdrücke werden vermieden.
  • Fasse dich kurz. Schweife nicht ab und wiederhole dich nicht unnötig.

Quelle:

(3) Sozialgesetzbuch IX - Rehabilitation & Teilhabe behinderter Menschen - Artikel 1 des Gesetzes vom 19. Juni 2001, BGBI. | S. 1046, zuletzt geändert durch Artikel 8 Abs 2 des Gesetzes vom 18.12.2007 (BGBI. | S. 2984)