Infos für Moderationsgruppe und Organisationsgruppe

Die Verhandlungen über das "Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen" bei den Vereinten Nationen in New York

Zum Vorlesen

Auf allen Rollenkarten stehen zur Einstimmung auf Phase 1 und 2 folgende Aussagen von Menschen mit Behinderungen. Jemand aus der Moderationsgruppe liest den Text zur Einstimmung auf die jeweilige Phase für alle vor.

Phase 1

Julia Bertmann, 28:
"Ich komme gut klar, aber die Leute…
Mit meiner Behinderung komme ich gut klar, aber es gibt Leute, die nicht behindert sind, die sagen: Diese junge Frau tut mir leid, sie sieht so komisch aus. Was hat sie denn? Ist sie krank? Das sagen ihre Augen. Sie trauen sich nicht, das laut zu sagen, weil sie denken, sie ist doof und mit der spricht man nicht.
Eine Behinderung ist keine Krankheit. Wir Behinderte sind so geboren. Wir können nichts dazu. (…) Ich möchte so behandelt werden wie nichtbehinderte Menschen. Ich mag mich so wie ich bin. I am what I am. Ich lebe genau so wie nichtbehinderte Menschen." 

Phase 2

Haydee Beckles aus Panama:
"Ich habe meine Schulausbildung in einer Regelschule begonnen, aber ich war sehr langsam und schlief auf meinem Stuhl ein, daher hat der Lehrer gesagt, dass ich auf eine spezielle Schule gehen müsse. Sie haben mich auf eine Sonderschule geschickt. In dieser Schule haben sie kein Englisch gesprochen, nur Spanisch, und so musste ich Spanisch lernen. Dies war nicht meine Muttersprache, weil wir zu Hause Englisch gesprochen haben. Ich habe mich also angepasst und lebte von da an in zwei Welten. Zum einen im Sonderschulsystem, dort haben sie nur wenig von mir erwartet, also tat ich das Wenige. Zum anderen war ich zu Hause, meine Mutter und mein Vater haben mich in alles inkludiert, also einbezogen. Sie haben mich gelehrt, die Dinge auf meine eigene Weise zu tun. Ich habe gelernt meine Hausaufgaben langsam zu machen, mit all meinen Geschwistern. Ich habe gelernt, Diktate zu schreiben, Rechtschreibung zu üben und im Wörterbuch nachzuschlagen, mein Zimmer aufzuräumen und den Abwasch zu machen ohne etwas kaputt zu machen. Auf diese Weise habe ich gelernt, selbständig in der Gemeinschaft, gemeinsam mit allen anderen, zu leben. Mit meinem heutigen Verständnis sehe ich, dass meine Entwicklung besser verlaufen wäre, wenn ich in einer Regelschule unterrichtet worden wäre. Ich bin aus Panama hergekommen, um Sie alle zu bitten, anderen Kindern mit Behinderungen die Möglichkeit zu geben, in eine Schule für Alle zu gehen, in ihrer Gemeinde." 

Zusammenfassung der Rollenkarten

Weltorganisation gehörloser Menschen, Weltorganisation für gehörloseblinde Menschen, Weltorganisation für blinde Menschen:

Phase 1:

  • Die drei Weltorganisationen fordern: Die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen muss umfassend verbessert werden. Vor allem in den Bereichen Sprache und Kommunikation. Menschen, die gehörlos, blind oder hörsehbehindert sind, fühlen sich aufgrund ihrer Schwierigkeiten, Kontakte zu knüpfen, als die am stärksten ausgeschlossene Gruppe von Menschen mit Behinderungen.
  • Die Organisationen fordern, dass auf die Bedürfnisse von Menschen mit Sinnesbehinderungen eingegangen werden muss und fordern die Umsetzung beispielsweise folgender Punkte:
    Verkehrsampeln müssen eine Vibrations- und Sprachfunktion haben; Hörfilme und Übersetzungen in Gebärdensprache müssen ins Fernsehen; Persönliche Assistenzen müssen vorhanden sein, um sich orientieren zu können; Geldscheine und Münzen müssen blinden- und sehbehindertengerecht sein.

Phase 2:

Die Weltorganisation gehörloser Menschen, Weltorganisation für gehörloseblinde Menschen, Weltorganisation für blinde Menschen fordern vor allem ein Schulsystem mit unterschiedlichen Schulformen. Sie sind der Meinung, dass die speziellen Bedürfnisse derer, die sie vertreten, nicht in einer Schule für Alle berücksichtigt werden können. Denn sie brauchen spezielle Hilfsmittel und vor allem spezielle Unterstützung, um Kontakte knüpfen zu können.

Norwegische Regierungsdelegation

Phase 1:

  • Die norwegische Regierungsdelegation ist für die weltweite Einführung des Universellen Designs. Universelles Design bedeutet, dass zum Beispiel Haushaltsgeräte so entwickelt und gestaltet werden, dass jede und jeder sie bedienen kann. Egal, ob jemand eine Sehbehinderung hat oder zum Beispiel nicht stehen kann. Die Geräte sollen für Menschen mit und ohne Behinderungen gleich sein.

Phase 2:

Norwegen hat keine speziellen Vorstellungen darüber, ob es in Zukunft eine Schule für Alle oder verschiedene Schulformen geben soll. Für Norwegen ist vor allem wichtig, dass die Notwendigkeit des Lebenslangen Lernens anerkannt wird. Bildung soll nicht nur für Kinder gelten und wichtig sein, sondern auch ältere und alte Menschen berücksichtigen. Dabei ist auch wichtig, dass alle Bildungseinrichtungen das Universelle Design berücksichtigen.

Japanische Regierungsdelegation

Phase 1:

  • Die japanische Regierungsdelegation ist der Meinung, dass die Sicherung der Freiheit und die Sicherheit von Menschen mit Behinderungen noch ausgebaut werden muss.
  • Japan fordert, dass die Versammlungs- und Meinungsfreiheit von Menschen mit Behinderungen gefördert und unterstützt werden muss.

Phase 2:

Japan fordert, dass es weiterhin ein Schulsystem mit unterschiedlichen Schulformen geben muss. Die Vertreterinnen und Vertreter meinen, dass vielleicht nicht jedes Land genügend finanzielle Mittel hat, um eine Schule für Alle zu finanzieren. Ihnen ist nicht klar, wie so etwas umgesetzt werden soll. Sie setzen sich auch für die Einführung eines weltweiten kostenlosen Schulbesuchs ein.

International Disability Alliance/ Internationales Bündnis von Menschen mit Behinderungen

Phase 1:

  • Das Internationale Bündnis von Menschen mit Behinderungen ist der Meinung, dass die Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen nicht neu erfunden werden müssen. Sie sollen sich vielmehr an den bereits bestehenden Menschenrechten orientieren. Ihnen ist sehr wichtig, diesen Vertrag zu verhandeln, da Menschen mit Behinderungen in den bestehenden Konventionen entweder ganz vergessen oder nur kurz erwähnt wurden. Das muss sich in der neuen Konvention ändern.
  • Das Bündnis fordert eine umfassende Berücksichtigung der Rechte von Menschen mit Behinderungen, vor allem in den Bereichen Gleichheit und Nichtdiskriminierung.

Phase 2:

Das Internationale Bündnis von Menschen mit Behinderungen fordert eine Schule für Alle. Sie fordern, dass alle Schulen Brailleschrift, Leichte Sprache und Gebärdensprache als Fremdsprachen anbieten müssen, genauso wie Englisch oder Türkisch. Die Schulen müssen zudem genügend Hilfsmittel, Lehrkräfte und Assistenzen haben, damit sich alle Schülerinnen und Schüler angenommen fühlen.

Chinesische Regierungsdelegation

Phase 1:

  • Die chinesische Regierung wird häufig wegen Menschenrechtsverletzungen in ihrem Land angegriffen. Die chinesische Regierungsdelegation setzt sich vor allem für die Bekämpfung der Armut von Menschen mit Behinderungen ein. Denn ihr ist klar, dass es zwischen Behinderung und Armut einen engen Zusammenhang gibt.
  • China fordert die Förderung der Armutsbekämpfung von Menschen mit Behinderungen, beispielsweise durch Unterstützung bei der Arbeitsplatzsuche.

Phase 2:

China fordert, dass es Schulen für alle Kinder auf der Welt geben muss, aber nicht unbedingt eine Schule für Alle. Denn alle Schulen verwirklichen das Recht auf Bildung, so die Delegation.

Australische Regierungsdelegation

Phase 1:

  • Die australische Regierungsdelegation ist der Meinung, dass es im Leben von Menschen mit Behinderungen zu viele Hindernisse gibt.
  • Australien fordert deswegen ein Recht auf Barrierefreiheit. Das bedeutet, dass es zum Beispiel in öffentlichen Gebäuden und Einrichtungen, auf Straßen, im Gesundheits- und Bildungswesen für Menschen mit Behinderungen keine Hindernisse mehr geben darf.  

Phase 2:

Australien fordert eine Schule für Alle. Die Delegation ist der Meinung, dass in einer Schule keine Leistungen abgerufen werden sollten. Kinder sollten zudem durch Bildung auch ihre sozialen Fähigkeiten verbessern. Kinder mit Behinderungen sollten unbedingt in Schulen in ihren Gemeinden gehen, also dahin, wo auch die Kinder aus der Nachbarschaft hingehen. Dafür fordern sie regelmäßige Mobilitätstrainings.

Afrikanische Union

Phase 1:

  • Die Vertreterinnen und Vertreter der Afrikanischen Union setzen sich vor allem für die Rechte von Mädchen und Frauen mit Behinderungen ein. Denn sie werden sehr stark vernachlässigt und haben oft keinen Zugang zu Bildung, Arbeit und Gesundheitsversorgung.
  • Die Afrikanische Union fordert, dass die Rechte von Mädchen und Frauen mit Behinderungen gestärkt werden müssen.

Phase 2:

Die Afrikanische Union fordert eine Schule für Alle. Dabei sollten Mädchen besonders berücksichtigt werden. Dazu müssten zum Beispiel die Lehrplänen verändert werden.

Inclusion International

Phase 1:

  • Inclusion International setzt sich für Menschen mit geistiger Behinderung ein. Diese möchten lieber "Menschen mit Lernschwierigkeiten" genannt werden.
  • Inclusion International fordert, dass der wertvolle Beitrag, den Menschen mit Behinderungen in jeder Gesellschaft leisten, anerkannt wird.

Phase 2:

Inclusion International fordert eine Schule für Alle. Denn nur eine Schule für Alle kann die Kreativität und Begabung von allen Kindern fördern. Hierfür müssen die Schulen sehr gut ausgestattet sein.

Europäische Union

Phase 1:

  • Die Europäische Union setzt sich für die Chancengleichheit von Menschen mit Behinderungen ein, damit sie gleichberechtigt mit allen anderen Menschen in der Gemeinschaft leben können.
  • Die EU fordert, dass eine völlige Chancengleichheit umgesetzt wird, denn sonst würden die Rechte von Menschen mit Behinderungen weiterhin verletzt.

Phase 2:

Die Europäische Union fordert die Verwirklichung der Chancengleichheit. Auf ein Schulsystem legt sie sich nicht fest, findet aber eine Schule für Alle prinzipiell den richtigen Weg.

Brasilianische Regierungsdelegation

Phase 1:

  • Die brasilianische Regierungsdelegation setzt sich für die Nichtdiskriminierung von Menschen mit Behinderungen ein. Sie sollen frei von Diskriminierung in ihrer Gesellschaft leben können. Denn alle Menschen haben die gleichen Rechte.
  • Brasilien fordert Nichtdiskriminierung, Gleichheit und volle Teilhabe aller Menschen.


Phase 2:

Brasilien fordert eine Schule für Alle. Denn Bildung soll die Einstellungen der Menschen verändern. Das negative Bild von Menschen mit Behinderungen, das viele Menschen haben, soll sich in ein positives Bild verändern. Dafür sei eine gemeinsame Bildung wichtig.

Kanadische Regierungsdelegation

Phase 1:

  • Die kanadische Regierungsdelegation setzt sich besonders für den Schutz von Menschen mit Behinderungen ein. Denn wenn Menschen mit Behinderungen diskriminiert oder schlecht behandelt werden, verletzt dies ihre Würde. Alle Menschen haben die gleiche Würde und das gleiche Recht auf Schutz.
  • Kanada fordert den Schutz der Würde aller Menschen.

Phase 2:
Kanada fordert eine Schule für Alle. Sie soll schrittweise umgesetzt werden. Denn auch die Bildung soll der Würde der Kinder gerecht werden und diese schützen.

Quellen:
1: Julia Fischer, Anne Ott, Fabian Schwarz (Hg.) 2010: Mehr vom Leben. Frauen und Männer mit Behinderung erzählen. Balance Buch, Bonn, S. 266.
2: S. 138 Originalstatement aus den Dokumenten von Inclusion International, übersetzt vom Deutschen Institut für Menschenrechte